Archiv der Kategorie: Partys/Sauvages

Prozess wegen einem Fest auf dem Voltaplatz 2009

Am Mittwoch, den 16. Januar 2013, stand ein 50-Jähriger vor Gericht, dem mehrfacher Landfriedensbruch, Störung des Militärdienstes, Hinderung einer Amtshandlung sowie Übertretung des kantonalen Übertretungsstrafgesetzes vorgeworfen wird. Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrer Anklageschrift neben einer unbedingten Geldstrafe eine neunmonatige Freiheitsstrafe bedingt auf vier Jahre Bewährung.
Der Prozess bezieht sich auf zwei Vorfälle: Einerseits auf die Störung einer Militärparade im September 2009, andererseits auf ein Fest auf der Voltamatte vom Oktober 2009, das sich gegen die Aufwertung im St. Johann und darüber hinaus richtete. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung mit der Polizei, bei der letztlich die Personalien von ca. 30 Leuten festgestellt wurden. Die darauf folgenden Strafverfahren wurden mehrheitlich eingestellt, mit einigen Ausnahmen – unter anderem jenem des Angeklagten.
Da die vorgeladenen Zeugen – Polizisten – nicht anwesend waren, wurde der Prozess vertagt.

Mehr Informationen folgen…

Bewegung an Silvester

Am Abend des 31. Dezembers fand in Basel eine unbewilligte Strassenparade gegen die Stadtentwicklung und die damit einhergehenden Verdrängungsprozesse statt. Circa 120 Personen zogen mit lauter Musik vom St. Johanns-Park via Johaniterbrücke und Klybeckstrasse zum Restaurant Hirscheneck, wo im Anschluss noch für Stunden ausgelassen gefeiert wurde. Die Botschaft der „Kinder des Zorns“, wie auf einem Banner zu lesen war, lautete: „Unser Quartier ist kein Spielplatz für ArchitektInnen!“.
Die sichtlich nervöse Polizei hielt sich trotz farblicher Abwertung der umliegenden Wände zurück und verschwand, nachdem sie sich für längere Zeit die Beine in den Bauch gestanden hatten. Kontrollen oder Verhaftungen sind uns keine bekannt.

… einige Stunden vorher:
Dem internationalen Aufruf „An Silvester zu den Gefängnissen!“ folgten in Basel ca. 30 Personen, die mit Feuerwerk, Bannern, Parolen und Grussworten ihre Solidarität mit den Inhaftierten des Ausschaffungsgefängnisses nahe der deutschen Grenze zeigen wollten. Die Gefangenen waren sichtlich erfreut und erwiderten teilweise die Rufe. Die Versammlung löste sich auf, noch bevor die Polizei eintraf.
Hierbei ist zu erwähnen, dass gerade das Bässlergut ein gutes Beispiel dafür ist, wie Gefängnisinfrastruktur und Stadtentwicklung miteinander verbunden sind: Am Rande der Stadt, unsichtbar, wird auf eine Konzentration von (scheinbarer) Delinquenz hingearbeitet – schliesslich ist das Bässlergut nicht nur Ausschaffungsgefängnis, sondern auch Empfangszentrum für Asylsuchende und ein reguläres Gefängnis für kurze Haftstrafen. So bleibt die gesäuberte Innenstadt vom Elend verschont, das sich hinter den Gitterstäben abspielt.

Demo für den Inhaftierten vom NT-Areal

via tageswoche:

Ein Partygänger und Politaktivist aus Winterthur ist seit der nt/Party vom 2. Juni 2012 inhaftiert. Dagegen protestierten geschätzte 300 Leute in der Basler Innenstadt und verlangten seine umgehende Freilassung. Die Kundgebung war bewilligt.

Am Samstagnachmittag versammelten sich geschätzte 300 Menschen auf dem Basler Barfüsserplatz, um sich für den linken Politaktivisten P. stark zu machen. Dieser sitzt seit der unbewilligten Party auf dem nt/Areal vom 2. Juni 2012 in Untersuchungshaft. Wir erinnern uns: Damals feierten und tanzten über 1000 vornehmlich junge Menschen vor und in einer der alten Hallen, unter Beobachtung der Polizei, die im Anschluss daran Leute festnahm und Musikanlagen konfiszierte.

In dieser Nacht kam es auch zu einem Gerangel mit einem Zivilpolizisten, in welches P. involviert gewesen sein soll. Seither sitzt er im Basler Waaghof in Untersuchungshaft. Aus diesem Grund zog die bewilligte Demonstration zur Heuwaage, forderte vor dem Gefängnis lautstark die umgehende Freilassung von P. und grüsste ihn.

«Wiederholungstäter» vs. «Repression»
Anfang September war die Untersuchungshaft von P. wegen «Wiederholungsgefahr» verlängert worden. Dem Vernehmen nach ist P., ein Mitglied des revolutionären Aufbaus Winterthur, vorbestraft. Für das Bündnis, das am Samstag zur Solidarität aufgerufen hatte und beim Marsch durch die Basler Innenstadt Briefe und Parolen vortrug, ist die fortwährende Inhaftierung unhaltbar. Die Aktivisten sehen im Vorgehen der Staatsanwaltschaft ein klares Zeichen dafür, dass «mit der langandauernden Haft ein Zeichen der Politik der harten Hand gesetzt werden soll.» Für sie steht fest, dass P. festgehalten werde, nur weil er «der klassenkämpferischen Linken» angehöre. Sie wehrten sich gegen die «verschärfte Repression» und die «Inhaftierung aus politischen Gründen».

Der Zug bewegte sich von der Heuwaage via Freie Strasse über die Mittlere Brücke bis zur Kleinbasler Dreirosenmatte und verlief nach unseren Informationen friedlich.

Kleines „unbewilligtes“ Fest aufgelöst

Die folgende Geschichte wurde uns vor Kurzem zugetragen und zeigt, wie repressiv die Polizei ihren zum Jahresbeginn angekündigten Nulltoleranz-Kurs durchsetzen will und dadurch sogar gegen private Anlässe vorgeht:

In der Nacht auf Donnerstag, den 23. August 2012, feierten ca. 20 Personen ein kleines privates Geburtstagsfest in den Langen Erlen, einem Waldstück am Rande der Stadt. Die gute Stimmung wurde jäh beendet, als eine Gruppe PolizistInnen aus dem Wald stürmte und den Generator der Musikanlage konfiszieren wollte. Die Anwesenden weigerten sich und versuchten, sich schützend vor das Equipment zu stellen; gleichzeitig zeigten sie sich kompromissbereit und boten an, die Musik auszustellen.
Trotzdem kam es in der Folge zu einem Gerangel, worauf ein Anwesender von der Polizei erst mit Fäusten, dann mit einer Maglite-Taschenlampe auf die Hände geschlagen wurde, da er sich am Generator festklammerte. Auch wurde eine weitere Person, nachdem sie zu Boden gedrückt wurde, mit Pfefferspray angegriffen.
Schliesslich hat die Polizei erstere Person zur Identitätskontrolle auf den Claraposten mitgenommen und kurze Zeit später wieder entlassen – seine Verletzungen an beiden Händen sind bis dato nicht verheilt. Der Generator wurde vorerst beschlagnahmt.

Nochmals zur Polizeigewalt nach der Sauvage auf dem nt/Areal

Obwohl ein Grossteil der Polizeiübergriffe nach der illegalen Party auf dem nt/Areal bereits dokumentiert und veröffentlicht wurden, wollen wir der Vollständigkeit halber auf diesen Artikel der Tageswoche vom 23. August 2012 hinweisen:

Im Zusammenhang mit «Personenkontrollen» im Nachgang zur illegalen Party auf dem NT-Areal vom 3. Juni soll von der Polizei beschlagnahmtes Material mutwillig beschädigt worden und ein Kontrollierter im Kastenwagen mit einer gezielten Pfefferspray-Attacke traktiert worden sein. Der Mann hat Anzeige erstattet.

Rafael* (34) kennt sich aus mit Beschlagnahmungen: Der DJ erzählt, schon früher von der Polizei im Nachgang zu illegalen Parties kontrolliert worden zu sein, wobei jeweils auch sein Material – Schallplatten und Abspielequipment, Lautsprecher und Generatoren – beschlagnahmt worden sei. Er stellt den beteiligten Ordnungshütern ein gutes Zeugnis aus: Er sei den Umständen entsprechend korrekt und das Material immer sorgfältig behandelt worden. Am Montag nach dem Wochenend-Zwischenfall habe er es jeweils wieder abholen dürfen.

Platten, Plattenspieler und Generator beschädigt
Nicht so bei der dritten Beschlagnahmung in der Nacht vom 3. Juni 2012. Rafael berichtet, er sei weit abseits des NT-Areals auf dem Heimweg angehalten worden. Die Polizei habe ihn zwar nach Feststellung der Personalien wieder gehen lassen, aber sein Material, das ein Kollege auf einem Handwagen transportiert habe, sei beschlagnahmt worden.

Nach der wochenlang sich verzögernden Rückgabe des Materials, namentlich eines Generators und seiner Schallplatten, will Rafael mutwillige Beschädigungen festgestellt haben: Rund zwei Dutzend seiner teilweise seltenen und teuren Singles seien zerbrochen in der Tasche gelegen, der Generator wollte nicht mehr anspringen, worauf Rafael gehörige Mengen Zucker im Auffangsieb des Treibstofftanks fand.

Eine ähnliche Geschichte erzählt Tobias* (29), der in der gleichen Nacht andernorts in einiger Entfernung des NT-Areals nicht nur kontrolliert, sondern zusammen mit seiner Freundin und einem Kollegen auf den Kannenfeldposten verfrachtet wurde. Seine zwei Plattenspieler, die er im Veloanhänger mitgeführt hatte, seien stark beschädigt herausgegeben worden. Der Schaden an den beiden Profi-Geräten Technics MK2 belaufe sich auf 600 Franken. Auf seinen während des ruppigen «Anhaltens» aus der Tasche herausgefallenen Platten seien die Polizisten beim Verfrachten der drei Personen in den Kastenwagen rücksichtslos herumgetrampelt.

Pfefferspray direkt ins Auge
Rafael und Tobias zeigen sich überzeugt, dass die im Einsatz stehenden Polizisten ihnen einen «Denkzettel» verpassen wollten. Die Annahme komme nicht von ungefähr, sagt Tobias.

Ihm sei, nachdem er sich schon widerstandslos die Handschellen habe anlegen und sich in den Kastenwagen verfrachten lassen, aus nächster Nähe von einem der nicht mit Namensschildern versehenen Polizisten Pfefferspray direkt ins Gesicht gesprayt worden. «Das ist die Retourkutsche für die Laserangriffe», soll der Polizeibeamte gesagt haben, und «wir haben keine Laser, aber Pfeffer und Gummi. Und ihr habt nichts!»

In der fraglichen Nacht war es an der berüchtigten Party auf dem NT-Areal – wie auch Polizeisprecher Klaus Mannhart betont – zu tumultartigen Szenen, Ausschreitungen und bedrohlichen Übergriffen auf einen Zivilfahnder inmitten der Partygäste gekommen. Damit aber hätten sie, sagen Tobias und Rafael, nicht nur nichts zu tun gehabt – sie hätten kaum etwas davon mitgekriegt. Und angehalten worden seien sie lange nach der Zerstreuung der Party auf dem Heimweg. Insofern sind sie noch nicht einmal wegen allfälliger Lärmbelästigung «in flagranti ertappt», sondern zusammenhanglos in einigem Abstand vom Ort des Geschehens einer Personenkontrolle unterzogen worden: Tobias und sein Kollege auf dem Posten auch mit Leibesvisitation und Alkoholtest (der in Tobias‘ Fall unter 0.64 Promille ergeben habe).

«Retourkutsche» der Polizisten?
Tobias hat inzwischen Strafanzeige wegen Körperverletzung, Tätlichkeit, Amtsmissbrauch, Sachbeschädigung und Freiheitsberaubung erstattet. Gegen Unbekannt, und zwar bei der Basler Staatsanwaltschaft. Diese habe den Antrag seines Anwalts, die Untersuchung der Vorwürfe sei ausserkantonalen Behörden zu übergeben, abgelehnt. Mehr weiss Tobias noch nicht.

Die Staatsanwaltschaft kann zu diesem Sachverhalt laut Sprecher Peter Gill keine Stellung nehmen, weil das Verfahren laufe. Allgemeinere Fragen zu den Gepflogenheiten bei Personenkontrollen in der Stadt nach Ereignissen wie der fraglichen Nacht oder zum Umgang mit beschlagnahmtem Material will dagegen auch der Sprecher des Sicherheitsdepartements, Klaus Mannhart, nicht beantworten. Den Vorwurf des Pfefferspray-Angriffs hält er für unglaubwürdig; Handschellen müssten kontrollierten Personen im Kastenwagen grundsätzlich angelegt werden, und für Reklamationen betreffend beschlagnahmtes Material gebe es eine entsprechende Stelle bei der Polizei. An die hätten sich die Betroffenen wenden sollen.

*Namen von der Redaktion geändert.

Unbewilligtes Fest auf der Dreisrosenbrücke

In der Nacht auf Mittwoch, den 1. August, fand auf der Dreirosenbrücke eine unbewilligte Party statt. Es wurden Transparente gegen den Nationalfeiertag („Ein Fest gegen Nation. Mir schysse uff 1291“) und gegen neonazistische Aktivitäten („Basel bleibt nazifrei!“) aufgehängt.
Als eine kleine Gruppe Rechter einige Partygäste bedrohte, reagierten diese umgehend und es kam zu einer grösseren Auseinandersetzung. Schliesslich flüchteten die Angreifer. Kurze Zeit später löste sich die Party auf.

Einige Worte zur illegalen Party auf dem nt/Areal

Folgender Text ist gestern im Internet erschienen:

zivi Am frühen Morgen versucht ein Polizist in Zivil, sich unter die PartygängerInnen zu mischen. Er wird erkannt und weg gewiesen, weigert sich jedoch, zu gehen. Es kommt zu einem Handgemenge, der Polizist zieht seine Dienstwaffe. Davon unbeeindruckt versuchen einzelne Leute noch immer, ihn zu verjagen. Er flüchtet dann auch, einige Leute rennen hinterher. Als die Polizeiverstärkung anrückt, hagelt es Steine. Die Polizei verhaftet eine Person und zieht sich unter Steinbeschuss zurück.
Die Antwort darauf folgt, als eine Gruppe von drei Leuten auf dem Nachhauseweg verhaftet wird: Eine Person wird vom fahrenden Velo gerissen und zu Boden gedrückt, mit den Knien im Genick. Eine andere Person, die bereits mit Handschellen im Polizeiauto sitzt, kriegt aus nächster Nähe Pfefferspray ins Gesicht. Handschellen werden bis zur Unerträglichkeit angezogen. Auf dem Posten kriegt eine Person den Gummiknüppel in den Bauch geschlagen. Die Polizisten zerbrechen zudem eine ID, zerstören teures Equipment und Schallplatten und konfiszieren diverse Gegenstände, ohne eine Quittung auszustellen.
Zwei weitere Personen werden ebenfalls auf dem Nachhauseweg verhaftet: Eine Person wird auf den Boden gedrückt, danach an der Wand entlang gezogen und nach ca. zwei Stunden Haft mit den Worten «Hau ab du Schwuchtel!» entlassen. Die andere Person wird bei der Verhaftung mehrmals mit einem Gummischrotgewehr geschlagen.
Foto des Zivilpolizisten, der die Waffe zückte. Der Mann ist immer wieder an entsprechenden Anlässen anzutreffen.

Nichts von all dem überrascht oder schockiert uns.

Das Territorium der Stadt ist nicht neutral, nicht öffentlich. Es ist das Territorium einiger Weniger, Privilegierter: Jene, die Macht haben, wollen sie behalten. Damit die Beherrschten sich nicht erheben, gibt es ein Spielfeld, einen Rahmen, auf dem wir unsere Bedürfnisse in einer abgeschwächten, ungefährlichen Form ausleben dürfen. Die Polizei hat die Aufgabe, diesen Rahmen zu schützen und alles zurück zu drängen, was über ihn hinaus geht und die Interessen der Herrschenden gefährdet. Der Büttel stand schon immer unter dem König.
Gesetze und Legalität sind keine über den Menschen stehende, höhere Moral, sondern das Konstrukt, das dazu dient, dies alles umzusetzen. Wenn die Bullen diese Interessen nicht mehr innerhalb des legalen Rahmens schützen können, ist es nur logisch, dass sie diesen auch übertreten. Schliesslich verkörpern sie das Gewaltmonopol in unserer Gesellschaft.

Wir zögern, das Wort «Freiraum» allzu oft in den Mund zu nehmen, zu viele integrierende Figuren und Parteien haben es für sich und ihre Programme entdeckt. All jene, die von Freiräumen faseln und dabei vom Wirtschaftsstandort und der Attraktivität des kulturellen Angebots unserer Stadt träumen, haben in dieser Auseinandersetzung nichts verloren: Ein wirklicher Freiraum ist immer eine Bedrohung für das Funktionieren dieser Gesellschaft, denn er lässt für einen Moment eine Welt aufblitzen, die mit dem, was uns tagtäglich traurig macht, stresst und normiert, auf Kriegsfuss steht.
Es braucht keine Jugendbewilligung und keine «tolerantere Polizei», keine Juso, die sich im und vor dem Parlament für „die Jugend“ einsetzt, wenn genug Menschen verstanden haben, dass sie in der Lage sind, selbst zu bestimmen wann, wo und wie eine Party stattfinden soll.
Jene, die sich entschieden haben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, mit Freiräumen zu experimentieren, werden irgendwann an den Punkt kommen, an dem von ihnen verlangt wird, ihr Tun zu integrieren. Grosszügigerweise gibt es immer ein paar Angebote. Wem bei integrierten Projekten wie der Kaserne, der roten Fabrik, dem NT oder aktuell dem Vorschlag der Jugendbewilligung die Qualität fehlt, bleibt nur noch, sich zur Wehr zu setzen und die Konfrontation mit jenen einzugehen, die das Territorium beherrschen.
Es freut uns zu sehen, dass es solche Leute gibt, denen die vorgegebenen Muster für Spass und Unterhaltung nicht mehr genug sind. Seit Jahren zeigt sich bei jeder illegalen Party, wie viele Menschen das Bedürfnis nach unkontrollierbaren Räumen haben. Das etablierte, von oben abgesegnete und kontrollierte Angebot der Stadt ist langweilig und wird dieses Bedürfnis niemals befriedigen können

Was am Samstag auf dem NT und bei früheren Gelegenheiten erreicht wurde, kommt einem Freiraum in unserem Sinne sehr viel näher: Ein Fest, das den Rahmen des Konformen sprengt und das vorwegnimmt, was wir uns für den Alltag wünschen, eine Möglichkeit, sich zumindest vorübergehend einen Raum zu nehmen und frei zu gestalten.
Soll dieser Raum, dieses Territorium, egal ob für Partys oder sonstige Lebensbereiche, wirklich frei sein, muss er erkämpft und verteidigt werden. Wenn Bullen, egal ob in Uniform oder in Zivil, sich an einem solchen Ort ungestört aufhalten können, dann ist es kein Freiraum mehr. Ein Bulle ist niemals neutral. Er vertritt immer die Interessen der Mächtigen. Auch in seiner Freizeit. Wollen wir Orte so frei wie möglich beleben, müssen wir solchen Leuten den Zutritt verweigern. Mit aller Entschlossenheit.

Dass die Bullen mit solcher Gewalt gegen PartygängerInnen vorgehen, zeigt uns nur, das wir ihren Nerv getroffen haben. Es stellt sich nun nicht die Frage, wie wir diese Gewalt vermeiden, sondern wie wir uns gegen sie wehren können.

Die Zeit der Forderungen und
Verhandlungen ist vorbei.
Wir nehmen uns, was wir wollen.

Übergriffe der Polizei nach illegaler Party auf dem NT

Folgende Informationen stellt die AntiRep-Gruppe zu den Polizeiübergriffen nach der Sauvage auf dem NT-Areal zu Verfügung. (Ferner: Vor einer Stunde soll es eine kleine Solidaritätsaktion mit ca. 40 Leuten vor dem Waaghof gegeben haben, wo der Verhaftete von letztem Samstag noch immer sitzt.)

Die AntiRep-Gruppe Basel will einen aktiven Beitrag zur Repressionsbewältigung leisten. Das heisst sie gibt Auskunft, betreibt ein AntiRepTelefon und unterstützt Menschen in ihren jeweiligen Situationen.

Am letzten Samstag, dem 2.6.2012, feierten über 1000 Personen auf dem NT Areal illegal eine ausgelassene Party. In den frühen Morgenstunden des darauf folgenden Sonntags wurden verschiedenste Personen von der Polizei kontrolliert oder verhaftet, wobei es zu enormen Übergriffen seitens der Polizei kam. In Zusammenarbeit mit Betroffenen wollen wir hier einige Fälle dokumentieren:

Unverhältnissmässige Gewalt und Pfeffersprayattacke auf Wehrlose
Auf dem Nachhauseweg von der Party wurden Sandro*, Michael*, und Katharina* von zehn Polizisten ohne Namensschildern und in Vollmontur auf brutalste Weise verhaftet. Sandro: „Ein Polizist riss mich direkt vom fahrenden Velo und drückte mich zu Boden; Er drückte mir die erste Hand in die Handschellen, legte mir die zweite Hand in Handschellen, und drückte mir mit dem Knie in das Genick. Als wir in Handschellen gefesselt im Auto sassen, knallte der eine Polizist einen Türflügel zu und sprayte Michael aus zehn Zentimeter Entfernung direkt mit dem Pfefferspray grundlos ins Gesicht.“ Diese Attacke kommentierte der Polizist als Rechnung für eine Laserattacke (?) gemäss Sandro mit den Worten: „Das isch jetzt d’Rächnig für d’Laserattacke, mir hen kei Laser, abr drfür Pfeffer und Gummi und ihr händ nüt.“ Die von der Gruppe mitgeführten Gegenstände wurden von der Polizei absichtlich beschädigt oder zurückgelassen. Auf dem Posten angekommen wurden die Betroffenen aus dem Auto gezerrt. Sandro: „Meine Handschellen wurden noch weiter zugedrückt und ich dachte sie brechen mir die Handgelenke. Obwohl ich mich nicht wehrte oder ihnen einen sonstigen Grund dafür gab.“ Nachdem die Verhafteten auf dem Posten mit dem Gesicht an die Wand gepresst warten mussten wobei einer Person die Hände nach hinten/oben gedrückt wurden, kam es zu einer Befragung. Sandro: „Als sie meine ID aus dem Portemonnaie nahmen zerstörten sie meine ID und sagten: „Die isch kaputt, die kasch ihm grad wegnäh.“.“ Die Schikane ging weiter, als Sandro von einer Einzelzelle in eine andere Zelle verlegt wurde. „Ich weigerte mich die bereits besetzte Zelle freiwillig zu betreten. Dann schlugen sie mich mit dem Gummiknüppel in den Bauch und schubsten mich so in die Zelle, mit dem Kommentar: „So lueg mit däm kasch die jetzt vergnüege“.“ Nach mehreren Stunden Haft wurden die Betroffenen einzeln entlassen, ihre mitgeführten Gegenstände wurden ihnen allerdings nicht zurückgegeben und teilweise zerstört. „Mein Natel, mein Kopfhörer, meine zerstörten Platten, mein Velolicht, mein Tabakettuie, und eine Lichterkette gaben sie mir nicht zurück. Für die konfiszierten Sachen erhielten wir keine Quittung.“

Grundlose Schikane
Am selben Morgen wurde Aaron* um ca. 05:30 von zwei Polizisten angehalten. Aaron erkundigte sich mehrmals nach dem Grund der Kontrolle, bekam allerdings keine Antwort. Aaron: „Die Polizisten nahmen mich daraufhin am Arm und drückten mich relativ grob gegen eine Wand(…)“ Dies verunsicherte den Betroffenen und er versuchte durch Schreien auf sich aufmerksam zu machen. Aaron: „Daraufhin drückten mich Polizist 1 und Polizist 2 auf den Boden und zogen mir gewaltsam Handschellen an. Dann zogen sie mich ca. 2 Meter der Wand entlang, obwohl ich mich nicht wehrte.“ Noch immer wurde Aaron keinen Grund für eine solche Festnahme genannt. Stattdessen führten sie ihn in die Tiefgarage des Polizeipostens „(…)in einen kleinen, dunklen Raum mit einer Bank und einer Wolldecke.“ Dort wird Aaron nach erneuter Bitte Missachtung/Nichtbefolgen eines Befehls als Grund für seine Festnahme angegeben. Da Aaron diese Missachtung in keinem Moment nachvollziehen konnte, verlangte er darauf die Dienstnummer und den Namen des Beamten, der ihm diese Information jedoch verweigerte. „Daraufhin kamen zwei neue Polizisten auf mich zu und forderten mich mit folgendem Wortlaut auf, zu verschwinden: „Verpiss dich jetzt du Zecke… hau ab du Schwuchtel…“ Im Hintergrund bäumte sich ein weiterer Polizist mit Gummischrotgewehr auf und machte Anstalten damit auf mich zu zielen.“ Es blieb bei dieser Drohgebärde und Aaron wurde schlussendlich nach ca. 30 Minuten aus der Haft entlassen.

Schläge in den Bauch während einer Verhaftung
Auch David* lief von der Party nach Hause, als er von der Polizei angehalten wurde. Während seiner Festnahme wurde er, obwohl er sich nicht widersetzte, von einem unbekannten Polizisten mit einem Gummischrotgewehr mehrmals in den Bauch geboxt.

Zivilpolizist zückt Dienstwaffe inmitten einer Menschenmenge
Nachdem ein Zivilpolizist während der Party mehrmals verbal aufgefordert wurde, das Festgelände zu verlassen, dieser Aufforderung allerdings nicht nachkam, wurde er ungefähr zwei Stunden später von einer Gruppe von Besuchern bestimmt gedrängt, das Areal zu verlassen. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten, wobei der Polizist seine Schusswaffe zog. Dieses unverhältnismässige Verhalten birgt die konkrete Gefahr, solch eine Situation zu einer lebensgefährlichen Auseinandersetzung zu machen.

Falls jemand ähnliches erlebt oder beobachtet hat, meldet euch bitte bei uns!
Kontakt: antirep-basel@riseup.net

Zusammengetragen von AntiRep-Gruppe Basel

*Namen geändert

Zur Sauvage auf dem NT-Areal

Folgendes Communiqué zur Sauvage auf dem NT-Areal ist gestern an die Massenmedien versendet worden.

Wir sind eine lose Gruppe von Menschen, die letzten Samstag an der illegalen Party auf dem NT Areal anwesend waren. Einige von uns waren bei der Vorbereitung dabei, einige machten vor Ort Musik, andere bauten zum Schutz vor der Polizei Barrikaden, wieder andere genossen einfach den Abend.
Wir sehen uns aus drei Gründen veranlasst, uns zu äussern:
Erstens, weil die Sauvage auf dem NT für uns mehr war als ein Ort, wo man gemeinsam Musik hören und Bier trinken konnte: Wir haben für einen Abend einen Freiraum in unserem Sinne geschaffen.
Zweitens, weil die meisten medialen Berichte ein verzerrtes Bild zeichnen, das wir korrigieren wollen.
Und drittens, weil wir wütend sind über das Verhalten der Polizei während und v.a. nach der Party.

Polizeigewalt
Die Polizei hat uns deutlich spüren lassen, wie rasend sie ein solcher Anlass macht. Auf dem Gelände zog ein Zivilfahnder seine Dienstwaffe, als man ihn weggschicken wollte. Nach der Party kam es ums NT Areal zu zahlreichen z.T. heftigsten Übergriffen (dazu ausführlich die Stellungnahme der AntiRep-Gruppe Basel). Grundlos wurden Einzelne auf der Strasse mit Gummischrotgewehren geschlagen, schikaniert, gefesselt mit Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. Polizisten zerstörten Schallplatten und Musikanlagen, zerbrachen absichtlich eine Identitätskarte. Die beschlagnahmten Sachen wurden trotz anders lautender Ankündigung bis heute Mittwoch nicht frei gegeben.

Ein gelungener Abend
Menschen jeden Alters und aus verschiedensten gesellschaftlichen Schichten waren auf dem Areal vertreten und haben miteinander für einen tollen Abend gesorgt. Mehrere Sound Systems haben sich dem Anlass angeschlossen und das sonst menschenleere Gelände mit Musik bespielt. Andere kümmerten sich um Essen und Getränke. Verschiedene KünstlerInnen haben die fahlen Wände der Halle verschönert, sei es mit Spraydose oder Pinsel, Banner oder Transparent. Menschen haben sich spontan dem Bau von Barrikaden angeschlossen. Es sind diese Momente, die solche Anlässe spannend machen, die zeigen, wie es auch anders laufen könnte – abseits von gesetzlichen Regulierungen, Einschränkungen und Kontrollphantasien seitens des Staates und seinem ausführenden Organ, der Polizei. Innerhalb der Party blieb es überwiegend friedlich, obwohl es keine Securities gab.
„Freiraum bedeutet Raum wo noch Träume Fuss fassen können deren Perspektiven noch unberechenbar sind“, sagte Clara F.

Freiraum heisst auch „frei von Polizei“
Wir wollen festhalten, dass uns die Präsenz von PolizistInnen in unserer Freiheit einschränkt. Wir haben am Samstag Abend nicht einfach eine Party gefeiert: Wir haben uns selbstbestimmt für eine kurze Zeit einen Freiraum erkämpft und ihn mit Werten wie Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und Autonomie gefüllt. Hier liegt die Bedeutung des Abends und weniger in der reinen Zahl der Anwesenden (auch wenn diese massgeblich dazu beigetragen hat, dass das überhaupt möglich war). Und zum Erkämpfen eines Freiraumes gehört auch, diesen auf vielfältige Weise (mit Masse, Kreativität, Barrikaden etc.) zu verteidigen. Herum spazierende ZivilfahnderInnen sind ein Angriff auf unseren Freiraum, deshalb finden wir es richtig, dass diese weg geschickt werden. Wir sind wütend darüber, dass es überhaupt notwendig war, einen Zivilpolizisten gewaltsam (er war mehrmals zum Gehen aufgefordert worden) zu vertreiben, und noch wütender macht es uns, dass dabei jemand verhaftet wurde. Soweit wir wissen, sitzt diese Person weiterhin im Gefängnis. Wir wünschen ihm viel Kraft und hoffen, dass er bald wieder unter uns weilt.

Wir halten zusammen!
Wir können nur lächeln über die Spaltungsversuche von PolitikerInnen, Medien und Polizeisprechern. Wir lassen uns nicht einteilen in gute friedliche und böse gewalttätige Partyleute. Einige von denen, die später ausgelassen tanzten, hatten zu Beginn Barrikaden gebaut, bereit, die Polizei im Ernstfall fern zu halten. Egal ob jemand eine Soundanlage anschleppt, eine (unkommerzielle) Bar betreibt, Barrikaden baut, Polizisten vom Gelände fern hält oder einfach nur den Abend geniesst: Wir stehen alle zueinander, im Wissen, dass es uns alle braucht und dass wir nur gemeinsam stark genug sind, um nicht vom mächtigen Kontrollapparat der Stadt und letztlich des Staates zerquetscht zu werden.
So beweisen die Distanzierungen von Sarah “divide et impera” Wyss, Präsidentin der Juso BS, dass unsere Anliegen nichts mit den ihren gemeinsam haben.

Wir wollen keine Jugendbewilligung!
Um dynamische Bewegungen kontrollierbar zu machen, lancieren nun die Jungparteien verschiedenster Richtungen eine Petition zur Einführung einer Jugendbewilligung. Wir wehren uns entschieden gegen diesen Versuch, die oben beschriebenen Handlungen in ein strukturiertes Raster zu überführen, sie zu vereinnahmen und damit letztlich zu entschärfen. Es geht nicht um weniger bürokratische Hürden oder mehr Dialog mit denjenigen, die uns regieren, wir wollen unser Leben selbstbestimmt und unhierarchisch organisieren. Und dies entsteht keinesfalls durch neue Gesetze oder polizeiliche Repression, sondern durch Taten, gepaart mit Worten. Zu diesem Thema verteilten letzten Samstag einige Leute einen Flyer, auf den wir gerne verweisen (siehe unten).

Wir brau­chen keine Ju­gend­be­wil­li­gung, wir sind alt und ge­mein!

Folgender Text war einer von mehreren, die während der Sauvage auf dem NT-Areal verteilt wurden. Dieser wurde uns mit der Bitte um Veröffentlichung zugespielt.

Die Jugendbewilligung ermöglicht auf öffentlichem Grund legale Outdoor-Partys mit klar geregelter Verantwortlichkeit, jedoch ohne bürokratische Hürden. Konfliktpotential wird abgebaut – Lebensqualität in Basel erhöht!

(Aus der Petition der Basler Jungparteien Junge CVP, Jungliberale, Junges Grünes Bündnis, JUSO und Junge SVP).

Das Angebot, welches uns hier unterbreitet wird ist trügerisch, da das ganze Konstrukt in der Konsequenz bedeutet, dass einzelne Personen die Verantwortung über etwas übernehmen sollen, über das sie keine Kontrolle ausüben (wollen) können. Mit dem Anspruch von „klar geregelter Verantwortlichkeit“ werden bewilligte Outdoor Parties im Vergleich zu unbewilligten nur noch in einem extrem eingeschränkten Rahmen stattfinden können. Da fragt sich, ob polizeilich kontrollierte Räume, die klaren Regeln unterliegen, noch „Freiräume“ genannt werden können.
Die Schweiz weiss sehr wohl, wie sie mit unangenehmen Bewohner_innen umgehen soll. Es ist kein Wunder, dass sie nach einer längeren Phase der Repression gegenüber illegalen Festen, medial wie politisch die Integrationsschiene fährt, da sie so ihrem Konzept der totalen Befriedung und somit der vollkommenen sozialen wie auch politischen Immunisierung von subversiven Elementen nährt. Dies ist eine bewusste Strategie, welche die aufmüpfigen Glieder vom „befriedeten“ sozialen Körper abtrennen und somit marginalisieren soll.
Die von allen Jungparteien so gelobte Jugendbewilligung ist letztlich wiederum eine Legitimation für Repression: Die Möglichkeit, Outdoor Parties jetzt im legalen Rahmen durchzuführen, gibt der Regierung und den Bullen die Grundlage dafür, gegen solche, die keine Bewilligung einholen (wollen), mit verstärkter Repression vorzugehen.
Wir wollen unkontrollierte Räume schaffen, die uns Gestaltungsmöglichkeiten geben, welche in einem vorgegebenen Raum vor Platzangst eingehen würden.
Wir distanzieren uns hiermit klar von der von den Jungparteien eingereichte Petition zur Legalisierung illegaler Parties.

Wir scheissen auf Legalität!

Wir brauchen keine Jugendbewilligung, wir sind alt und gemein!

Sauvage auf dem NT-Areal



Während in Bern 10’000 Leute auf der Strasse waren, gab es letzte Nacht in Basel auf dem NT-Areal eine Sauvage mit mehreren tausend Teilnehmer_innen. Das NT-Areal, ehemals Mekka der Partygänger_innen und Symbol einer Zwischennutzung, soll einem neuen Quartier weichen. Zwar wurden die Baupläne immer wieder nach hinten verschoben (Wohl nicht zuletzt aufgrund der „Finanzkrise“), doch langsam nimmt das Projekt Gestalt an.
Gefeiert wurde auch in einer der ehemaligen Güterbahnhofs-Hallen, die demnächst abgerissen werden. Die Stimmung war hervorragend, Probleme keine auszumachen. Während auf fünf Soundsystems Musik gespielt wurde, gab es jede Menge Bier, Sandwiches und Pizzen. Auf den Zugangsstrassen wurden zum Schutz vor der Polizei Barrikaden gebaut.
Als ein Zivilpolizist vom Gelände vertrieben wurde kam es am Rande der Party zu einer kurzen Auseinandersetzung mit der Polizei. Leider konnte trotz dem engagierten Eingreifen einiger Partybesucher_innen eine Festnahme nicht verhindert werden. Ausserdem wurde gegen 6 Uhr morgens ein Teil des Equipments beschlagnahmt und diverse Personenkontrollen durchgeführt.

Der Vollständigkeit halber die tageswoche:

Illegale Party mit über 1000 Teilnehmern

In der Nacht auf Sonntag fand bei der E-Halle auf der Erlenmatt eine unbewilligte Party statt: In und um die leerstehende Halle feierten über 1000 Teilnehmer zu lauter Musik. Nach der Party kam es zu Scharmützeln mit der Polizei sowie zu einigen Festnahmen. Von Cédric Russo und Dani Winter

Um 22.45 Uhr strömten von allen Seiten Menschen auf den bis dahin leeren E-Halle-Vorplatz auf dem nt-Areal, der zukünftigen Erlenmatt. Schnell waren die wichtigsten Utensilien aufgestellt: Einkaufswagen, randvoll mit Bier und Sandwiches, Generatoren und Soundanlagen.

Um 23 Uhr machte sich eine Gruppe von schwarz Vermummten an der Eingangstür der E-Halle zu schaffen. Unter tosendem Jubel knackten sie das Schloss und stiegen in das Gebäude ein. Licht wurde installiert, eine Bar eröffnet, und der DJ legte los.

Über 1000 folgten dem Aufruf

Draussen schossen weitere Bars und Soundanlagen wie Pilze aus dem Boden. Von überall her dröhnte Musik. Immer mehr Leute kamen. Sie tanzten auf dem Vorplatz, streiften durch die Halle und setzten sich auf das Erdplateau vor dem Gebäude, um ein Bier zu trinken.

Unterdessen versperrten weitere Gruppen von Vermummten die Zufahrtswege mit Barrikaden aus Absperrgittern, Holz und Steinen, um Polizisten und Kastenwägen draussen zu halten. Diese versammelten sich daraufhin am Badischen Bahnhof.

Inzwischen zählte die Party bei der E-Halle über 1000 Besucher. Nicht ganz so viele wie zur gleichen Zeit in Bern durch die Strassen tanzten, aber doch deutlich zu viele für die Polizei, um sie nach Hause schicken zu können. Eine Band spielte Metal-Punk und drinnen sprayten und malten Künstler auf die Wände des Gebäudes.

Das nt-Areal muss weichen

Denn die E-Halle wird sowieso bald abgerissen. Sie muss dem Ausbau der bereits begonnenen Besiedlung des nt-Areals weichen. Der dahinter liegenden Autobahn entlang, und eben dort, wo die E-Halle steht, sollen in Kürze weitere Neubauten hochgezogen werden. Das Projekt «Schönes, neues Basel» schreite voran, und hinterlasse auf seinem Weg Leichen namens «Subkultur» und «Freiräume» – so das Fazit kritischer Stimmen.

Auf diesen «Missstand» wollen auch die Initiatoren der Party hinweisen. Nicht mit Reden, Proklamationen oder Transparenten. Die Veranstaltung wurde bewusst weitgehend unpolitisch gehalten. Mit der Party soll aufgezeigt werden, was alles verloren gehen wird. Und wenn man bedenkt, dass ein Propaganda-Aufwand von bloss einem briefmarkengrossen Flyer und einem Facebook-Eintrag mehr als 1000 Leute mobilisierte, scheint das eine ganze Menge zu sein.

Sauvage im Grosspeter durchgesetzt


Am Freitag, 27. April fand in Basel eine Sauvage mit rund 200 Personen statt. In den Gebäuden der ehemaligen Garage Grosspeter in der Nähe des Bahnhofs SBB wurde ab 22 Uhr getanzt und getrunken. Die Gebäude sind dem Abriss geweiht, auf dem Gelände soll ein (weiteres) grosses Hotel gebaut werden.
Die Polizei hat zu Beginn versucht, die Party unter ihre Kontrolle zu bringen. Dabei hat es eine kurze Auseinandersetzung mit Gummischroteinsatz gegeben, worauf sich die Polizei etwas zurückzog und die Szenerie nur noch aus Distanz beobachtete. Auf der Strasse wurde ein Feuer entzündet und Baumaterial zum Schutz vor der Polizei aufgebaut. Nach 2 Uhr wurde die Party aufgelöst und alle Leute sind gemeinsam abgezogen.

Sieht so aus als wäre es mit etwas Willen auch diesen Sommer möglich, illegale Partys durchzusetzen.

Sauvage von vergangenem Samstag

Letzten Samstag am 21. April ist unseres Wissens eine Sauvage im Gellertquartier nach 20 Minuten von rund 15 Polizist_innen und einem Polizeihund aufgelöst worden. Dies steht wohl im Rahmen der neuen Taktik im Bezug auf illegale Partys in Basel („Lautsprecher auf Allmend nach 22 Uhr verboten“)

Als Reaktion auf dieses Ereignis macht im Moment ein Aufruf die Runde. Mobilisiert wird auf eine Sauvage heute Freitag. Treffpunkt sei um 10 Uhr beim Sommercasino.

Remember, Remember the 5th of November…

Remember, remember the fifth of November,
gunpowder, treason and plot,
I know of no reason why gunpowder treason
should ever be forgot.
Guy Fawkes, Guy Fawkes,
‚twas his intent
to blow up the King and the Parliament.

12_01

Am Samstag, 5. November 2011, haben sich im De Wette-Park (gegenüber Basel SBB) ca. 250 Personen getroffen, um gemeinsam eine Sauvage und einen Umzug durchzuführen. Es gab kein zentrales Soundsystem, sondern ein dezentrales Konzept mit einem Radiosender und vielen kleineren und grösseren Radios. Aufgrund technischer Defekte waren allerdings nur grössere Lautsprecherboxen in der Lage, die Musik genügend zu verstärken.
Weisse Masken wurden verteilt, einige vermummten sich; untenstehender Flyer wurde verteilt. Nach ca. 2 Stunden auf dem Platz wurde dieser unter Feuerwerk und dem Licht von Bengalen verlassen, um sich für einmal die Strasse zurück zu nehmen. Via Aeschenplatz / Bankverein ging es über die Wettsteinbrücke zum Theodorskirchplatz, wo sich die Veranstaltung nach einigen weiteren Stunden von selbst auflöste.
Die Polizei hielt sich im Hintergrund. Eine Person wurde kontrolliert, als sie den Umzug am Bankverein verliess.

_1020863

Du bist hier
willst dich «frei» bewegen
willst abgehen, dich vielleicht abschiessen
die «freie» Zone
das Wochenende, der Alk
der kurze Moment, wo du leben willst
ohne Zwänge, Druck und Wettbewerb
gestaute Energie, Frust, Wut und Freude
alles darf raus
verdampft im Schweiss der Bewegungen
ersäuft in einem Meer von Alk und Drogen.
Kater.
Montag.

Es scheint, dass illegale Parties im öffentlichen Raum («Sauvage») etwas sind, das die Menschen anzieht und inspiriert. Denn die Freiluft-Parties der jüngsten Vergangenheit zeigen eines: Die Anwesenden orientieren sich nicht an den Gesetzen oder an dem, was sich gehört. Sie holen keine Bewilligung für ihre Anlässe ein. Sie stören sich auch nicht daran, wenn der grauen Oberfläche der Stadt ein farbiger Anstrich verpasst wird.
Wir alle bestimmen in diesen (noch raren) Momenten selbst, was wir wollen, ohne von irgendeiner übergeordneten Autorität abhängig zu sein.

22_01

Es geht uns nur bedingt um fehlende Freiräume, Zwischennutzungen und Ausgehmöglichkeiten. Solche Orte sind zwar wichtig, um sich fernab von den überteuerten Partylocations und Bars treffen zu können und um Kunst und Kultur selbst zu machen, anstatt sie in Form einer Dienstleistung konsumieren zu können. Ab einem bestimmten Punkt stösst dieses Vorhaben allerdings an seine Grenzen und zwar dann, wenn wir mehr wollen als nur eine Nische für uns zu haben: Diese kann niemals entkoppelt von der Gesellschaft verstanden werden, in der sie sich befindet. Es wird von uns erwartet, innovativ, integriert, erfolgreich, kraftvoll, friedlich, individuell, demokratisch, misstrauisch, abgesichert, leistungsstark, konsumfreudig, jung, hilfsbereit und gut gekleidet sein, um schliesslich produktiv in Ausbildung und Beruf in Erscheinung zu treten.
Wir wollen uns nicht so verhalten, wie es die Gesellschaft von uns haben will. Wir wollen uns nicht an ihre Spielregeln halten. Wir wollen nicht zu Menschen erzogen werden, die die Ungerechtigkeiten akzeptieren, die diese Ordnung produziert.
Natürlich gibt es auch Möglichkeiten, eigene Erfahrungen zu sammeln und ab und zu eine Auszeit zu nehmen: Ferien, Entspannung, ein Selbstfindungstrip. Drei, vier Wochen im Jahr. Warum geben wir uns damit zufrieden? Dieses Stückchen «Selbst» wird immer dann verdrängt, wenn wir uns wieder in den Trott des Alltags einreihen. Wie können wir uns gegen diese Welt der aufgezwungenen Werte wehren? Wie können wir uns überhaupt Zeit nehmen und wieviel davon brauchen wir, um die fremden Verhaltensmuster zu hinterfragen, die uns von Kindesalter an eingeimpft wurden? Wollen wir sie überhaupt hinterfragen? Oder doch lieber noch ein Bier trinken?
Aus welchen Gründen du hier bist, entzieht sich unserer Kenntnis. Einige tanzen, einige diskutieren, einige hinterfragen sich und die Welt, die sie umgibt. Oder alles zusammen. Oder nichts davon. Uns geht es darum, hier und jetzt mit Formen gelebter Utopien zu experimentieren und Werte wie Selbstbestimmung, Hierarchiefreiheit und Solidarität auch gesellschaftlich zu etablieren. Wir haben genug Zeit mit Warten verbracht – auf eine Aufheiterung, ein bisschen Gemeinschaft, die atomare Katastrophe oder eine gesellschaftliche Umwälzung. Denn: Noch zu warten ist Wahnsinn.

32_01

Es geht uns nicht um eine verfehlte (Stadtentwicklungs-) Politik. Wir begreifen die momentanen Entwicklungen in der Stadt (wozu auch die Kommerzialisierung der «Partyszene» gehört) nicht als ein Phänomen, das unabhängig von anderen gesellschaftlichen Entwicklungen betrachtet werden kann. Die Finanzkrise zeigt uns eindrücklich, wie sich unsere Welt innert kürzester Zeit selbst zerstören könnte. Die sozialen Konflikte, die daraus entstehen, werden wohl zunehmen. Und wir können uns schon heute darauf einstellen, in Zukunft mit noch mehr Krisen und noch mehr Kontrolle (sei es auf öffentlichen Plätzen, in der Schule, in der Uni oder auf der Arbeit) konfrontiert zu sein. Warum arrangieren wir uns immer mit den Dingen, die uns aufgezwungen werden – obwohl wir sie eigentlich gar nicht wollen? Die alleinige Schuld tragen nicht einige fehlbare Politiker_innen oder Banker, sondern im Grunde wir alle.

Es geht uns nicht darum, Forderungen zu stellen. Würden wir das tun, würden wir unser Schicksal erneut aus unseren Händen geben, in der Hoffnung, dass es jemand anderes besser machen kann als wir selbst. Gesellschaftliche Veränderung geschieht nicht von alleine. Es gilt, die Stärke zu entwickeln, um Bedürfnisse selbst befriedigen zu können – statt sie von jemand anderem befriedigen zu lassen. Diese Party ist im weitesten Sinne ein Beispiel dafür.

Der Besammlungspunkt ist bewusst gewählt. Wir befinden uns hier in der Nähe eines Gebäudes, das für das globale Finanzwesen von enormer Wichtigkeit ist: Hier werden die Währungsreserven von ca. 50 Zentralbanken verwaltet, so wird die BIZ auch die «Bank der Zentralbanken» genannt. Zu ihren Aufgaben zählt ebenfalls das Krisenmanagement, das momentan ganze Bevölkerungen in den Ruin treibt.

flyerruckseite_mittext

 

“Kein Geld macht uns glücklich!” – Zu den “Revolta-Krawallen” vom Wochenende in Basel

Den folgenden Text haben wir heute aus anonymer Quelle erhalten. Er befasst sich mit den Ereignissen von letztem Samstag auf dem von Aufwertung betroffenen Voltaplatz, wo es nach und während einer illegalen Party zu zahlreichen Sachbeschädigungen kam.

thumb-537127_pic_970x641

Letzten Samstag haben wir uns mit mehreren hundert Leuten rund um den Voltaplatz den Raum genommen, der uns normalerweise verweigert wird. Raum, den wir nur allzu gerne als „Freiraum“ definieren würden. Doch davon kann keine Rede sein.

Vorweg: Wir sind nicht das Sprachrohr der Jugend. Wir vertreten nicht all die unterschiedlichen Menschen, die sich am Samstag Abend auf der Strasse gefunden haben, wir sprechen nur für uns selbst. Es ist uns daher wichtig, Position zu beziehen, ohne einen Anspruch auf Wahrheit oder Allgemeingültigkeit zu erheben. Wir sagen bloss, was wir denken.

Was sich am Samstag Abend rund um den Voltaplatz ereignet hat, war ein Angriff. Eine Reaktion auf das, was uns ständig begegnet, wenn wir durch das St. Johann oder andere investitionstaugliche Quartiere von Basel gehen. Begreift es endlich: Die Stadt und die InvestorInnen haben einen sozialen Konflikt geschaffen, der nun langsam in Gegengewalt umschlägt.

Wart ihr schon einmal auf dem Vogesenplatz, dieser tristen Einöde aus Asphalt und Beton, auf dem es keine Nischen mehr gibt, sondern nur noch geplante Sichtbarkeit? Habt ihr euch schon jemals gefragt, warum so gebaut wird? Warum ein Quartier in kürzester Zeit einen so rasanten Wandel vollzieht? Warum der Robi-Spielplatz, der sich bisher durch seine wilde, ungezähmte Art ausgezeichnet hat, abgerissen und 50m nach vorne verschoben wird, um einer Flaniermeile zu weichen? Zudem: Eine Flaniermeile für wen?

Doch was tun?

Wir haben es längst aufgegeben, uns auf irgendeine Autorität zu verlassen. Es wird einzig für diejenigen gebaut, die das Geld und die Macht mitbringen! Dass die Stadt und die InvestorInnen dadurch aktiv die Verdrängung der „ursprünglichen“ AnwohnerInnen vorantreiben, ist ihnen entweder egal oder aber sie nehmen es billigend in Kauf – solange die Rechnung für sie aufgeht! Sie können noch lange von „sozialem Wohnungsbau“ und (kommerziellen) Freiräumen schwafeln, wir haben es satt!

Was geschehen ist, war eine längst überfällige, aber nach wie vor zögerliche Antwort auf das, was der kapitalistische Umbau der Stadt mit den Häusern, Strassen und Plätzen hier und in vielen anderen Städten anrichtet. Nicht, dass es vorher besser gewesen wäre. Aber das, was gerade geschieht, ist ein steter Angriff auf unseren konkreten Alltag, der nun für einmal erwidert wurde.
Und so stehen wir Goliath, diesem Konglomerat aus Novartis Campus, Stadtentwicklung und übergeordnet: der kapitalistischen Logik, gegenüber. Welche Forderungen liessen sich angesichts dieses übermächtigen Gegners überhaupt formulieren? Wir erwarten nichts und können es auch gar nicht mehr. So bleibt uns nur noch die Möglichkeit der Entwertung dessen, was für den Kapitalfluss wichtig ist. Kein Wunder also, dass die Baustelle und der Christ & Gantenbein-Bau am meisten Schäden erlitten haben.
Die Polizei weiss genau, weshalb sie sich während der ganzen Party nicht hat blicken lassen: Auch mit 100 Einsatzkräften wäre sie den gut 300 Feiernden unterlegen gewesen, zumal wir uns unser Fest nicht einfach so hätten kaputt machen lassen. Die Polizei hätte Strassenschlachten provoziert, die die jetzigen Sachschäden bei weitem in den Schatten gestellt hätten.

Nun empört euch!

Die Schlagzeilen und Kommentare eifriger SchreiberInnen sind bereits vorprogrammiert und in ihrer Wiederholung zur Unendlichkeit verdammt: „Harte Strafen!“, „Züchtigung!“, „Schnellverfahren!“, „Militäreinsatz!“. Es wird „Keine Toleranz mehr mit illegalen Hausbesetzern!“ gefordert und dabei unterschlagen, dass in den letzten 7 Jahren sämtliche Hausbesetzungen innert weniger Stunden geräumt bzw. mit völlig übertriebenen Polizeiaufgeboten zur Aufgabe gezwungen wurden. Die allermeisten illegalen Parties wurden ebenfalls aufgelöst, Musikanlagen beschlagnahmt und die OrganisatorInnen verzeigt. Wir erleben schon seit Jahren eine Politik der „Nulltoleranz“ gegenüber allem, was den von oben vorgegebenen Rahmen sprengt. Aber das schreckt uns nicht ab. Wir werden weiter machen, wir nehmen uns den Raum, den wir brauchen.
Am Samstag haben wir den Sprung in die Stadt geschafft. Wenn sich mehrere hunderte Menschen gemeinsam entscheiden, eine Nacht lang einen Platz für eine unkommerzielle Party zu besetzen und bereit sind, diese auch gegen Angriffe zu verteidigen, dann ist alles möglich… Vielleicht treffen wir uns ja nächstes Wochenende auf dem Marktplatz oder besser: beim Bankverein? Verschärfte Gesetze und mehr Polizei werden daran nichts ändern.

Was uns amüsiert, ist, wie über die Ereignisse berichtet wird: Es wird von „Krieg“ gesprochen und alle sind schockiert über die unfassbaren Ausmasse der Gewalt. Das ist lächerlich – alle, die da waren, können das bestätigen. Ihr liebt es doch, euch zu empören, um euch kurze Zeit später wieder im Normalzustand wiederzufinden. Wo bleiben die Aufstände, wenn die UBS zwei Milliarden in den Sand setzt, der Wahnsinn der Atomkraft weitergeführt wird oder die Schweizer Rüstungsindustrie sich an bewaffneten Konflikten beteiligt? Es gibt tausende solcher Beispiele, die die heuchlerische Moral dieser Gesellschaft entlarven! Aber schreit ruhig weiter, ihr disqualifiziert euch nur selbst.

Dieses Mal waren wir diejenigen, die angegriffen haben. Blicken wir in andere Länder, lässt sich erahnen, was die Zukunft bringen wird. Das ist die Situation, in der wir uns befinden.