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Stellungnahme einiger BewohnerInnen der Wasserstrasse zum „Voina“-Prozess

gefunden auf Barrikade.info:

Manipulation, Inszenierung, Zerstörung: „Voina“ und die Staatsanwaltschaft Basel greifen das Wohnprojekt an der Wasserstrasse an

(Dieser Text spricht nicht für das Projekt Wasserstrasse als Ganzes.)

Es ist soweit: 10 Freund*innen – Nachbar*innen und Mitbewohner*innen im gemeinsamen Wohnprojekt an der Wasserstrasse – stehen in der Woche vom 20. bis zum 24. November 2017 als Angeschuldigte vor Gericht. Die Anklagepunkte sind schwerwiegend: Hausfriedensbruch, Raub, Angriff, Entführung, versuchte schwere Körperverletzung, u.a.

Oleg Worotnikov und Natalya Sokol, „anarchistische“ Kollaborateur*innen und Denunziant*innen

Ein versteckt aufgenommenes Video wird ins Internet gestellt, von Medien dankend aufgenommen. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer langen Geschichte. Wir möchten hier einige Punkte klarstellen – aus Solidarität mit den Angeklagten, aber auch aus eigener Betroffenheit als Bewohner*innen dieses selbstverwalteten Projekts.

Wir können zu diesem Prozess und zu der medialen Darstellung der Ereignisse nicht schweigen, denn sie sind ein Angriff auf das Projekt als Ganzes.

Zur Vorgeschichte: Im April 2015 erreicht die Wasserstrasse die dringende Anfrage zwei russische Künsler*innen mit ihren beiden Kindern vorübergehend unterzubringen. Die beiden gehören der Künstler*innengruppe „Voina“ an, die mit spektakulären Aktionen in Russland berühmt wurden und schliesslich aufgrund von Repression flüchten mussten. In der Schweiz haben sie keinen legalen Aufenthaltstatus und sie fürchten zu diesem Zeitpunkt eine Fahndung per Interpol. Ohne zu zögern wird die Familie aufgenommen und es wird ihnen ein Gemeinschaftsraum zur Verfügung gestellt.

Bald schon wird klar, dass das Zusammenleben mit der Familie für die Bewohner*innen des Hauses sehr schwierig ist. Sie beklauen die Gastgeber*innen, der Ehemann Oleg Vorotnikov beleidigt wiederholt Bewohnerinnen auf übelste sexistische Weise, Absprachen werden ignoriert. Angebotene Unterstützung, zum Beispiel bei der Suche einer Bleibe, stösst auf demonstratives Desinteresse – sie haben vor, einfach zu bleiben. Ihr Kalkül: ein Projekt wie die Wasserstrasse wird eine Familie ohne Aufenthaltspapiere nicht auf die Strasse stellen oder sie der Polizei ausliefern.

Wie geht ein Projekt, das auf gegenseitiger Hilfe, auf Rücksichtnahme und Selbstverantwortung beruht, mit Menschen um, welche genau diese Eigenschaften gezielt ausnutzen, um ihre eigenen Interessen – so manipulativ wie skrupellos – durchzusetzen?

Oleg Vorotnikov und Natalja Sokol werden zum Auszug aufgefordert. Ultimaten verstreichen. Als eine Bewohnerin von ihnen tätlich angegriffen wird und ihre (heimlich gefilmte) Reaktion im Internet verbreitet wird, wurde dem Zusammenleben jegliche Basis entrissen. Zum weiteren Verlauf der Ereignisse kann hier nicht im Detail eingegangen werden, da sie Gegenstand der Verhandlungen sind.

Das „Voina“-Ehepaar filmt die Auseinandersetzung und instrumentalisiert ihre eigenen Kinder für die Inszenierung – Beides ist Teil eines Muster, das bereits in der Vergangenheit zu beobachten war (zu sehen z.B. im Film Tomorrow von Andrey Gryazev). Anschliessend denunzieren sie zahlreiche Menschen bei der Polizei: Sie zielen bewusst darauf ab, dem Projekt Wasserstrasse zu schaden. Über ihre Motive können wir nur spekulieren, aber eines wissen wir: Variationen dieser Geschichte haben sich bereits in anderen selbstverwalteten Projekten in Europa abgespielt. Oleg Vorotnikov und Natalja Sokol haben wiederholt Strukturen als Unterkunft genutzt, verachteten jedoch alle dort Lebenden zutiefst und inszenierten sich als Opfer von Konflikten, die sie selbst herbeiführten. Sie, die sich selbst überall als Anarchist*innen bezeichnen, scheuen nicht davor zurück staatliche Repression, sowie Internetpranger als Mittel ihres egomanischen, zynischen Theaters zu verwenden. Mit dem Konflikt in Basel haben sie es sogar in das russische Staatsfernsehen geschafft. Die „Anarcho-Künstler“ unterstützen mittlerweile Putin und stimmen nationalistische Töne an.

Auch in Schweizer Medien wird die Geschichte aufgegriffen. Viele Berichte zielen auf die Delegitimierung von politischen Inhalten ab, die mit der Wasserstrasse verbunden sind. Die Dramaturgie von Vorotnikov und Sokol liefert dazu das perfekte Material und veranlasst Medien wie die „Basellandschaftliche Zeitung“ oder den „Blick“ zu billiger Stimmungsmache. Diese Polemik sehen wir auch im Kontext einer seit einigen Monaten in einigen Schweizer Medien zu beobachtenden verschärften Hetze gegen widerständige Zusammenhänge.

Die Staatsanwaltschaft wiederum nutzt die Steilvorlage, um gegen das Wohnprojekt vorzugehen. Die Bewohner*innen der Häuserzeile bilden keinen homogenen Block und dennoch ist klar: das Projekt ist aus einer umkämpften Geschichte entstanden und nach wie vor leben hier viele Menschen, die für ein selbstbestimmtes Leben kämpfen – in einem Quartier, geprägt von Gentrifizierung; in einer Stadt, geprägt von Konzerninteressen; in einer Welt voller Rassismus und Grenzen.

Das Ausmass der Anklagepunkte zeigt für uns, dass es sich um einen politischen Prozess handelt, der nicht zuletzt darauf abzielt unsere Strukturen zu beschädigen und Menschen zum Rückzug aus politischem Engagement zu bewegen. Wir sind überzeugt: Hätte sich eine ähnliche Auseinandersetzung an einem unpolitischen Ort abgespielt, würde die Staatsanwaltschaft nicht das gleiche Interesse an den Tag legen, die Involvierten mit solch absurden Vorwürfen wie „Entführung“ zu verfolgen.

Unabhängig von der Frage nach juristischer Schuld oder Unschuld wollen wir zum Schluss festhalten:

  • Die Eskalation wurde eindeutig und gezielt von „Voina“ herbeigeführt.
  • Wer solidarische Strukturen aufbaut, muss diese auch verteidigen können
  • Wir warnen alle selbstverwalteten und Künstler*innen-Zusammenhänge vor O. Vorotnikov und N. Sokol.
  • Unser Mitgefühl gilt den Kindern, die – nicht nur im vorliegenden Fall – von ihren Eltern bewusst in gewaltvolle Konflikte hineingezogen wurden, anstatt sie rauszuhalten.
  • Wir solidarisieren uns mit den Angeklagten und rufen zur Unterstützung auf!

Das Ende für den Steinengraben?

via Tageswoche:

Die Steinengraben-Häuser dürfen abgerissen werden

Das Basler Verwaltungsgericht wies sämtliche Beschwerden gegen den Abriss der umkämpften historischen Häuserzeile am Steinengraben ab. Damit stützte es die investorenfreundliche Wohnbaupolitik.

Die Helvetia-Versicherung darf ihre umstrittenen Neubaupläne am Steinengraben verwirklichen. Das hat das Basler Verwaltungsgericht in einem Urteil entschieden. «Diese Häuserzeile ist ein Anachronismus. Eine Stadt entwickelt sich, das muss sie auch können», sagte der Anwalt der Hausbesitzerin – und das Gericht teilte seine Meinung vollumfänglich. Die Helvetia kann also historische Wohnhäuser aus dem Jahr 1870 abreissen und einen Bürobau mit Penthouse-Wohnungen hinstellen.

Abgewiesen wurden auch Bedenken hinsichtlich des Baumschutzes, des Naturschutzes und der Zweckentfremdung von Wohnraum. Die fünf geschützten Bäume dürfen gefällt und ersetzt, der von der Stadtgärtnerei als schützenswert eingestufte Garten im Hinterhof darf zerstört werden. In beiden Fällen machte das Gericht ein höher gelagertes Interesse der Bauherrin an einer Tiefgarage geltend. Das Dreiergericht, bestehend aus je einem Vertreter der FDP, der SP und der Grünen, stützte dabei einen Entscheid des Baudepartements.

Die Gelegenheit, die Auslegung des Wohnraumfördergesetzes zu ändern, liess das Gericht aus. Gefordert hatte das der Mieterverband in einer Verbandsklage. Das Gesetz verlangt, dass bei einem Abriss mindestens gleich viel Wohnraum neu entstehen muss. Vor Gericht ging es nun konkret um die Frage, ob es im Sinne des Gesetzgebers war, dass sich etwa Parkplätze als erweiterte Wohnfläche anrechnen lassen. Die Richter bejahten die Berechnungsweise über die sogenannte Nettogeschossfläche und stützen damit die aktuelle Wohnbaupolitik.

«Planungssicherheit für Investoren und Hausbesitzer»

Gerichtspräsident Stephan Wullschleger argumentierte, es sei im Sinne des Gesetzgebers gewesen, «Planungssicherheit für Investoren und Hausbesitzer» zu schaffen.

Für Beat Leuthardt, Leiter der Rechtsabteilung des Mieterverbands, kommt das Urteil «überraschend». Es sei sehr einseitig zugunsten der Helvetia ausgefallen. Von einem rot-grün besetzten Gericht hätte er eine Korrektur an der investorenfreundlichen Praxis in Basel erwartet. Ein Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht werde nun geprüft.

Schema F: Billig Kaufen – Renovieren – Teuer Verkaufen

via Tageswoche:

So arbeitet die aggressivste Immobilien-Firma in Basel

Die Immro AG wirtschaftet abseits der Öffentlichkeit und ohne Skrupel. Einblicke in das Geschäftsmodell der aktivsten Immobilienfirma in der Region.Die Immro AG hat keine Website. Wer die Immobilienfirma googelt, stösst auf – fast nichts. Auch über die Inhaber der Firma sind keine Informationen auffindbar. Kaum zu glauben, dass diese Firma einer der grössten Immobilien-Player in Basel ist.

Doch genau das ergab eine umfassende Auswertung der Grundbuchdaten durch die TagesWoche: Keine andere Firma ist so aktiv auf dem Basler Immobilienmarkt wie die Immro AG. In den vergangenen neun Jahren hat die Firma in Basel-Stadt 40 Wohnhäuser gekauft und 212 Wohnungen als Stockwerkeigentum weiterverkauft. Das sind im Durchschnitt etwa vier Häuser pro Jahr, die die Firma kauft, und 25 Wohnungen, die sie pro Jahr weiterverkauft.

Das Geschäftsmodell der Firma geht so: Die Immro AG kauft kleinere Wohnhäuser, die Schwesterfirma Stadthaus AG renoviert diese und verkauft die darin befindlichen Wohnungen als Stockwerkeigentum weiter – im Schnitt fünf Parzellen pro Wohnhaus.

«Stehen nicht zur Verfügung»

Immro AG und Stadthaus AG haben ihr Geschäftsmodell in über 20 Jahren perfektioniert. Die Firmen sind nicht nur geschäftlich, sondern auch familiär verbandelt: Die beiden Köpfe der Firmen, Reto Rölli und Jürg Buser, sind mit zwei mexikanischen Schwestern verheiratet. Die Schwesterfirmen haben auch dieselbe Domiziladresse im luzernischen Schötz.

Weitere Informationen über die Firmen sind rar. Die Inhaber blocken jede Stellungnahme ab. Am Telefon sagt Buser: «Wir stehen Ihnen nicht zur Verfügung.» Und droht mit rechtlichen Konsequenzen, falls die TagesWoche doch über ihre Firmen berichtet.

Busers und Röllis Geschäftsgebaren hinterlassen jedoch Spuren. Sowohl ehemalige Mieter wie auch Käufer finden kaum gute Worte über die Bau- und Immobilienfirmen.

An der Blauensteinerstrasse hat die Immro AG im vergangenen November ein Wohnhaus gekauft. Die Mieter wurden höflich aufgefordert zu gehen. Bis Februar waren bereits vier Wohnungen verkauft, der letzte Mieter verliess das Haus im April.

Das Credo der Immro AG: keine Kündigungen, die Mieter sollen von sich aus gehen. So geschieht es auch gerade in einem Haus an der Klybeckstrasse, wo die Mieter das eindeutige Gefühl kriegen, dass man sie loswerden will (die TagesWoche berichtete).

Herausgeekelte Mieter

Beat Leuthardt vom Basler Mieterverband kennt Fälle, in denen Mietern «teils sehr viel Geld» angeboten wurde, wenn sie freiwillig gehen. «Die Immro AG versucht zu verhindern, dass Mieter lange Beschwerdeverfahren anzetteln. Für sie ist es viel angenehmer, wenn die Mieter von sich aus gehen.»

Die Immro AG sei der «aggressivste Player» auf dem Basler Immobilienmarkt, sagt Leuthardt. Er beobachte die Firma seit Jahren. Fälle, in denen die Immro AG ihre Mieter «rausekelt», kämen sehr häufig vor.

Aber nicht nur Mieter sind über die Immro AG verärgert, weil sie aus ihren Wohnungen raus müssen. Auch die Käufer der Wohnungen machen negative Erfahrungen mit der Firma.

Andreas Zappalà vom Hauseigentümerverband sagt, es würden sich immer wieder Stockwerkeigentümer bei ihm melden, die über Mängel oder Probleme an ihrer neu erworbenen Immobilie klagten – «darunter sind auch viele Personen, die bei der Immro, respektive Stadthaus AG kauften».

Vier Kunden, die in den letzten Jahren bei der Immro AG kauften, äussern gegenüber der TagesWoche Probleme, die nach dem Kauf auftraten. Alle wollen anonym bleiben, weil sie teilweise noch in laufenden Verfahren stecken.

Was sie verbindet: Die Renovation wurde nicht zureichend ausgeführt, sodass die Käufer nachträglich Arbeiten einfordern mussten.

Auch die «Schweiz am Sonntag» berichtete 2015 über Handwerkspfusch der Immro und Stadthaus AG. Ein Baugutachten beanstandete für ein Haus in Binningen, die Renovierungsarbeiten seien «unprofessionell und sehr fragwürdig» ausgeführt worden.

Vier Jahre Streit

Ähnliches berichten Marlène Soder und ihr Mann Hanspeter Gysin, die vor 20 Jahren bei der Firma eine Wohnung im Gundeli kauften. Sie haben kein Problem damit, mit Namen erwähnt zu werden, weil der Fall bereits Jahre zurückliegt.

Vier Jahre zankten sie mit der Immro AG. «Irgendwann gibst du auf, weil du nicht die ganze Freizeit damit verbringen willst», sagen die beiden rückblickend. Sie zeigen die Mängelliste, die nach dem Einzug erstellt wurde. Eineinhalb Jahre später waren nur 15 von 49 Punkten erledigt. Der Rest war «mangelhaft» oder gar nicht erledigt.
Da die Balkone einzustürzen drohten, musste mit anwaltschaftlichem Druck ein Gutachten eingeholt werden, um die Renovation durchzusetzen.
«Die meisten kaufen in ihrem Leben nur einmal eine Wohnung oder ein Haus», erklärt Soder. «Da hat man als Käufer einfach keine Erfahrung und ist nicht gewieft genug, auf alle Details zu achten.»

Wie viel die Immro und Stadthaus AG mit ihrem Geschäftsmodell verdienen, bleibt unklar. Die Grundstückgewinnsteuer ist hoch, wenn eine Liegenschaft innerhalb kurzer Zeit gekauft und weiterverkauft wird. Wenn der Weiterverkauf innerhalb von drei Jahren erfolgt, muss die Firma 60 Prozent ihres Gewinns abliefern.

So hält sich der Reingewinn der Immro AG in Grenzen – auch wenn sie eine Immobilie wie diejenige an der Blauensteinerstrasse für mehr als das Doppelte weiterverkaufen kann. Der Kaufpreis betrug dort rund 1,7 Millionen Franken. Die fünf Wohnungen waren für insgesamt 3,7 Millionen Franken ausgeschrieben.

Angenommen, die Wohnungen wurden zu diesem Preis verkauft, so machte die Firma rund zwei Millionen Gewinn und müsste darauf in Basel-Stadt 800’000 Franken Grundstückgewinnsteuer zahlen.

Müsste – weil sich die Steuer drastisch senken lässt. Die Immro AG kann nämlich die Kosten für Renovationen vom steuerbaren Grundstückgewinn abziehen. Das heisst: Je nachdem, wie hoch die Rechnungen für Renovationsarbeiten bei der Stadthaus AG ausfallen, zahlt die Immro AG relativ wenig oder fast keine Grundstückgewinnsteuer.

Teuer verkauft, billig renoviert

SP-Grossrat René Brigger kritisiert genau diesen Punkt. Die Grundstückgewinnsteuer sei eingeführt worden, um spekulative Kaskadenkäufe zu verhindern, wie sie die Immro AG tätigt. «Die Firma umgeht dieses Gesetz aber mit einem Trick. Denn sie erzielt jeweils sehr hohe Gewinnmargen und bezahlt sehr wenig für ihre Pseudosanierungen.»

Brigger sagt, dass die Immro respektive Stadthaus AG ihren Hauptgewinn möglicherweise damit erziele, dass sie hohe Rechnungen für Sanierungen schreibe, aber nur «Pinselsanierungen» durchführe. Darauf würde hindeuten, dass einige der Firmen,  die die Renovationsarbeiten durchführen, in Verbindung mit der Stadthaus AG stehen und manche auch in Schötz und Umgebung angesiedelt sind.

Auch Zappalà erachtet das Vorgehen der Schwesterfirmen als «problematisch». Für die Käufer sei es wünschenswert, wenn sie eine fertig renovierte Wohnung kaufen können und nicht an zwei Geschäftspartner gebunden seien. Diese Art des Immobilienhandels kenne er eigentlich nur von der Immro und Stadthaus AG.

Mit Vorwürfen zum Geschäftsmodell konfrontiert, kommt dann noch eine Stellungnahme der Immro und Stadthaus AG – per Einschreiben und vom Anwalt der Firmen. Der Anwalt bestreitet jegliche Vorwürfe.

Die Mieterschaft werde sehr gut behandelt. Mietern werde zum Beispiel «Hilfeleistungen bei der Wohnungssuche, Organisation, Umzug etc. gewährt».

Ausserdem würden die Sanierungen «auf einem hohen Standard» ausgeführt. Ein Grossteil der Renovationsfirmen sei entgegen den Informationen der TagesWoche in Basel und Agglomeration domiziliert.

Solidarität mit Indymedia Linksunten

Nachfolgend ein Statement vom Barrikade.info-Kollektiv, welchem wir uns gerne anschliessen möchten:

Statement zum Verbot von Linksunten

Seit Freitag den 24. August ist linksunten.indymedia.org in Deutschland verboten und der Betrieb der Webseite ist strafbar.

Das Verbot, auf der Grundlage des Vereinsgesetzes, wurde begleitet von mehreren Hausdurchsuchungen des LKA gegen die vermeintlichen Betreiber*innen in Freiburg. Neben vier Privatwohnungen wurde das Autonome Zentrum KTS durchsucht und IT-Infrastruktur beschlagnahmt.Barrikade.info steht in der Tradition von Indymedia und solidarisiert sich mit Linksunten und den Betroffenen. Das Verbot richtet sich formal gegen Linksunten, gemeint ist jedoch die gesamte ausserparlamentarische Linke. So war Linksunten eine zentrale Austauschplattform für linksradikale Politik im deutschsprachigen Raum. Darauf fanden sich Communiqués, Analysen und Informationen unterschiedlicher Strömungen und Denkrichtungen. Wie auf barrikade, konnte jede*r auf Linksunten Beiträge veröffentlichen. Das Verbot greift genau dieses Prinzip der Anonymität und Offenheit an.

Bereits mehrfach wurde gegen Linksunten ein Verbot gefordert. Besonders laut wurden diese Stimmen nach den erfolgreichen Protesten gegen den G20. Während der Proteste entfaltete Linksunten durch seine Offenheit eine erhebliche Reichweite und konnte deren Inhalte weit über die Szene hinaus sichtbar machen. So griffen alleine im Juli gut drei Millionen Personen auf die Plattform zu. Linksunten half Menschen sich zu organisieren, sich unabhängig von den Bullen zu informieren und sich über Inhalte auszutauschen. Gerade die Sichtbarkeit von radikalen Ideen ist in Zeiten sich zuspitzender sozialer Konflikte notwendig.

Nach den G20 Protesten wurden Politiker*innen von SPD bis CSU nicht müde härtere Strafen und bessere Überwachung gegen Demonstrant*innen zu fordern – mitunter auch gegen deren Kommunikationsplattformen. Vierzig Jahre nach dem deutschen Herbst ist die Hysterie wieder zurück und mit ihr eine verschärfte Repression. In Hamburg waren die Mächtigen erstaunt von der Wut im Herzen der Bestie. Dort wurde mit Sondereinheiten, Gewehren und massiver Gewalt reagiert. Nun folgt das Verbot von Linksunten – ein Angriff auf die Infrastruktur.

Das Verbot läutet die heisse Phase des Deutschen Wahlkampfes ein. Innenminister de Maizière und seine CDU will sich mit dem Engagement gegen Links profilieren. Die Veröffentlichung der „Berliner Erklärung 2017“ fällt wohl nicht zufällig in den Zeitraum des Verbot. Der Aktionismus vom Innenministerium ist auch auf den steigenden Einfluss der AFD zurückzuführen. Diese forderte bereits seit längerem ein entschlosseneres Vorgehen gegen Links. Die CDU fürchtet wohl, Wähler*innen aus dem rechten Flügel an die AFD zu verlieren, falls sie nicht mitzieht.

Wie mit dem Verbot umzugehen ist, bleibt offen. Linksunten kündigt bereits ein Relaunch an! Sicher ist, dass das Internet weit ist und sich schnell Alternativen eröffnen werden. Sicher ist auch, dass die Kolonialisierung dieses (frei)Raumes weiter zunimmt und wir uns in Zukunft stärker mit staatlichen Angriffen konfrontiert sehen werden.

Barrikade.info, wie auch andere Projekte, wird auch in Zukunft ein offener und anonymer Kanal für linksradikale Kritik und Aktionen sein. Es geht ja gerade darum die bestehende Ordnung zu sabotieren und in sozialen Konflikten Partei zu ergreifen.

Solidarität mit Linksunten! Für ein freies Internet

Steigende Mieten in Basel

via Tageswoche:

Wohnungsnot in Basel nur minim gelindert

In Basel ist in den letzten zwölf Monaten das Angebot an neuen Wohnungen stärker angestiegen als die Bevölkerungszahl. Damit konnte die Wohnungsnot etwas gelindert werden. Deutlich angestiegen sind die Mieten.
Die Bevölkerung des Kantons Basel-Stadt wächst wieder an. Und das so schnell, dass es auf dem Wohnungsmarkt zu argen Engpässen gekommen ist. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich die Situation aber leicht entspannt, wie das Statistische Amt mitteilt. Konkret ist der Anteil leerer Wohnungen am gesamten Wohnungsbestand von 0,4 auf 0,5 Prozent minim angestiegen.

Das Ganze hier nun noch in absoluten Zahlen:

Die Bevölkerungszahl hat seit der letzten Leerstandserhebung vor einem Jahr um rund 600 Personen zugenommen. Während der selben Zeit gelangten 330 neue Wohnungen auf den Markt. Geht man davon aus, dass eine Wohnung im Schnitt von zwei Personen bewohnt wird, schliessen die Statistiker daraus, dass sich der Wohnungsmarkt erholen konnte.

Schön gefärbt

Von Entspannung auf dem Wohnungsmarkt könne nicht die Rede sein, heisst es indes von Seiten des Mieterinnen- und Mieterverbands: «Mit 0,5 Prozent Leerstandsquote herrscht Wohnungsnot, wie schon seit Jahren», schreibt der Verband in einer Reaktion auf die statistischen Angaben. Die Regierung versuche mit dieser Statistik, den Wohnungsmarkt schön zu färben.
Der Mieterinnen- und Mieterverband äussert sich überdies kritisch zur Mietpreisentwicklung. So sind die Mieten in Basel im letzten Jahr um 1,5 Prozent angestiegen. Dies obschon die allgemeine Teuerung nur 0,4 Prozent betrug und zudem der erneut gesunkene Hypo-Referenzzinssatz eigentlich zu einer Senkung der Mieten um 2,91 Prozent berechtigen würde.

Entspannung auch in Baselland

Auch im Kanton Basel-Landschaft hat die Leerstandsquote von 0,5 auf 0,6 Prozent leicht zugenommen.

Statement der geräumten Schwarzen Erle

gefunden auf barrikade.info:

Statement zur Räumung der Schwarzen Erle in Basel

Das Wohn- und Kulturzentrum Schwarze Erle wurde am Mittwoch 23.08.17 hinterhältig geräumt.
Eine Zusammenarbeit von Polizei und dubiosen Personen aus dem SicherheitsMilieu, wobei keiner irgendwie verantwortlich sein will.

Obwohl das Haus schon seit zweieinhalb Jahren von uns besetzt und belebt wurde und somit vom Besitzer Herr Rösler geduldet worden ist, wurden wir ohne Vorwarnung gewaltsam mit Hilfe der Polizei vertrieben.

Wir haben nicht nur unser Zuhause verloren, sondern Basel hat einen wichtigen Ort verloren. Einen Ort der Vielfalt und Solidarität; einen Ort für nicht-kommerziell orientierte Kultur, an dem sich über die 2 1/2 Jahre hunderte von Menschen beteiligt haben. Wöchentlich schliefen Menschen bei uns im Gästestockwerk, die sonst zeitweise obdachlos gewesen wären und auf der Strasse hätten schlafen müssen. Die Polizei hat nun dabei geholfen den finanziellen Interessen einer Person, dem „legalen“ Besitzer, mit Gewalt Geltung zu verschaffen und einer der letzten wirklich freien Kulturräume in Basel zu vernichten.

Aber wir wollen an dieser Stelle keinen Monolog darüber halten, warum es besetzte Häuser braucht, und dass Menschen ohne einen dicken Geldbeutel es besonders schwer haben, sich eine Mietwohnung zu leisten. Das würde jetzt zulange gehen.

Nur soviel: Es ist lachhaft von einer Stadt wie Basel, dass sie sich nicht einmal so einen Ort respektieren kann, sondern gezielt gegen uns und alle Projekte, die frei sein wollen, mit Gewalt vorgeht.

An dieser Stelle wollen wir klarstellen, was am 23.08. in der Schwarzen Erle passiert ist:

WIR HABEN DAS HAUS KEINESFALLS FREIWILLIG VERLASSEN, SONDERN WURDEN OHNE JEGLICHE VORANKÜNDIGUNG AUF AGGRESSIVE ART VOM EIGENTÜMER UND ANWALT HERRN PETER RÖSLER UND SEINEN DUBIOSEN 5 BEGLEITERN AUS DEM UMFELD DER SWISSALLSECURITY (SAS) MIT HILFE VON POLIZEIGEWALT AUS DEM HAUS VERTRIEBEN. DAS GANZE WAR KEIN SICHERUNGSAUFTRAG, WIE VON DER POLIZEI VOR ORT BEHAUPTET, SONDERN EINE RÄUMUNG. DAFÜR EMPFINDEN WIR WUT UND TRAUER.

Mittwoch:
Herr Rösler brach mit Hilfe eines Schlüsselservices unsere Eingangs- sowie Zwischentüren auf, als sich 4 Leute im Haus aufhielten, welche vom Einbruch nichts mitbekamen. Zwei Hausbewohner wurden von Rösler und seinem Kommando beim Essen überrascht. Herr Rösler brach auf aggressive Art ein und gab uns ein Ultimatum von 10min um das Haus zu verlassen. Dabei machte er ohne Einverständnis Fotos und Videoaufnahmen der Leute.

Es ist absolut unmenschlich jemanden auf diese Art und Weise nach zweieinhalb Jahren Duldung zu vertreiben. Herr Rösler hat nicht einen Tag in diesem Haus gelebt.
Wir waren schockiert von der Dreistigkeit, bei uns auf diese Weise einzubrechen, und machten ihm klar, dass wir nicht einverstanden sind, dass er gehen sollte und das so nicht ginge. Daraufhin wurde er im Treppenhaus handgreiflich und drohte mit der Polizei.

Eine Person, welche gerade Zuhause wieder ankam, wollten er auch nicht mehr reinlassen, Herr Rösler stellte sich der Person vehement in den Weg. Er drückte die Frau weg mit Hilfe seiner hörigen Helfer, welche bereit waren Gewalt anzuwenden. Es kam fast zu einer Schlägerei, weil Herr Rösler die Arme der Frau nicht mehr losliess und anfing rumzubrüllen.

Wenige Minuten später kam die in die Pläne von Herr Rösler wohleingeweihte Polizei zu Dreissigst und half ihm, uns rauszuschmeissen. Eine Person wurde von der Polizei in Handschellen aus dem Haus gezerrt und ohne Anklagepunkte oder Kommunikation für 2 Stunden auf die Wache entführt, wo sie sich komplett Nackt ausziehen musste, um nur 2 Stunden später ohne Begründung wieder freigelassen zu werden.

Mit der Polizei tauchten auch peu a peu Menschen auf, die sich mit der Schwarzen Erle solidarisieren. Der Platz um das Haus wurde von der Polizei so abgesperrt, dass niemand direkt an oder in das Haus heran- bzw. hereinkam. Der Besitzer des Hauses erlaubte nur Zugang in das Haus unter der Bedingung sich vor der Polizei auszuweisen. Die Daten wurden aufgenommene um damit eine strafrechtliche Untersuchung einzuleiten. Die Zimmer konnten dann nur noch einzeln unter Aufsicht von 2 Polizisten betreten werden, in denen wir uns 10 Minuten davor noch als freie Menschen bewegt haben.
Gleichzeitig konfiszierte die Polizei eigenmächtig Gegenstände aus dem Haus, ohne dafür eine Quittung auszustellen. Das Ganze hatte Razzia-ähnlichen Charakter.

Donnerstag:
Nur mit Nachdruck auf Herrn Rösler und der Bewusstmachung der Höhe der Kosten für die Entsorgung, für alles was noch drin bliebe, liess er uns am Donnerstag nochmals einzeln in die Liegenschaft, allerdings wieder unter der Bedingung der Abgabe der Personalien. Das Ganze wurde von Anfang an von einer Patrouille der Basler Polizei abgesichert.
Herr Rösler hat versucht, alle Gegenstände von Wert zu beschlagnahmen und hinderte uns dabei, sie aus dem Haus zu tragen.

Unsere geretteten Sachen konnten wir unterstellen und ja – wir leben noch – aber gerade mehr oder weniger auf der Strasse. Wir wollen in keine Mietwohnung ziehen, wo uns alles aufgezwungen wird, wo wir keine Freiräume haben und dafür auch noch horrende Mieten bezahlen müssen. Nein, wir wollen etwas vom Leben haben! Deshalb besetzen wir! Wir schaffen Wohn- und Kulturraum in Häusern, den es ohne Leute wie uns gar nicht gäbe.
Wir, das sind KünstlerInnen, MusikerInnen, AnarchistInnen, MigrantInnen, engagierte Menschen, die ohne Entlöhnung sich für ein faireres und lebenswerteres Basel einsetzen.
Die Stadt drängt diese Menschen an den Rand. Wir sind nicht die Ersten, denen das widerfährt.

An alle, die probieren frei zu leben, für ihre Ziele und Träume kämpfen, alle die Empathie empfinden, die sich aktiv solidarisieren (und nicht nur labern), alle die wissen wie wichtig für unsere gemeinsame Zukunft solche Projekte sind, alle die uns tatkräftig beiseite stehen: Danke! Wir wissen das zu schätzen! Danke an alle, die für eine lebenswertere, vielfältigere und offene Welt kämpfen, für eine Welt in der man noch träumen kann ohne reich sein zu müssen.
Nicht jeder Mensch ist reich geboren, aber jeder Mensch will gut leben!

Es bleiben viele offene Fragen.
Die Rechtlichkeit des Einsatzes ist zweifelhaft. Es wurde uns kein Räumungsbefehl vorgezeigt. Wie kann es sein, dass der Eigentümer, nachdem er über 2 Jahre lang kein Interesse am Haus gezeigt hat, bei uns einbricht? Wie kann es sein, dass die Polizei bewusst so ein Vorhaben unterstützt? Die Polizei sagt, sie handelte im Auftrag von Herrn Rösler, Herr Rösler wiederum schiebt die Verantwortung auf die Stadt, von der er unter Druck gesetzt worden sei. Offensichtlich will niemand für die skandalöse Aktion die Verantwortung übernehmen.
Nach alldem was wir erlitten und verloren haben, sind wir nun die Angeklagten wegen Hausfriedensbruch. Im Moment gibt es kein Bauvorhaben.
Fakt ist, dass das Haus wieder leer steht und mehr als zehn Menschen obdachlos sind, ohne dass ein Bau- oder Nutzungsvorhaben vorliegt.

Zur vom Abriss bedrohten Mattenstrasse 74/76

von der Webseite:

Seit über vier Jahren sind unsere Häuser abrissbedroht. Der römisch-katholischen Verein «Vinzenz-Konferenz St. Marien» will die teilweise ortsbildgeschützten Häuser niederreissen, weil eine Renovation angeblich zu teuer sei. Mit einem Neubauprojekt werden die hier lebenden Menschen aus ihrem Lebensraum verdrängt. Wir wehren uns dagegen, dass einerseits das historische Häuserensemble und andererseits kostengünstige Wohnungen sowie ein soziales Wohnprojekt zugunsten eines Neubauprojektes weichen sollen:

„Ein Lebensraum, der über die Jahre im schönen, grünen Innenhof mit seinem historischen Häuserensemble entstanden und auch für das Quartier zu einem Ort der Begegnung geworden ist.“

Da alle bisherigen Versuche, mit dem «Vinzenzverein» zu verhandeln gescheitert sind und sie uns auf Ende Juni gekündigt haben, treten wir hiermit an die Öffentlichkeit: Auf dieser Seite informieren wir euch über unsere Hofgemeinschaft, darüber, wer die Besitzer sind, zeigen ihnen und euch unsere Argumente auf, diskutieren die Aspekte des Denkmalschutzes und die Geschichte der letzten Jahre.

D’Voltahallte blibt dräggig!

via Tageswoche:

IWB fahren mit einem Graffiti-Auftrag gegen die Wand

Mit einem Wandbild des Graffiti-Künstlers Art4000 wollten die IWB wilde Sprayer von der Voltahalle fernhalten. Erreicht haben sie das Gegenteil.

Auf Sprayer üben die Wände der Voltahalle offenbar eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Jedenfalls sind an der Halle, die den Industriellen Werken Basel (IWB) gehören, immer wieder Parolen zu lesen. Die Unbekannten lassen sich von keiner Wandreinigung abhalten. Das Spiel beginnt stets wieder von vorn.

Daher entschieden sich die IWB für eine neue Massnahme. Sie meldeten sich direkt bei einem Berufssprayer, namentlich bei Marc Bellé alias Art4000. Seine Werke sind in Basel nicht unbekannt. Am berühmtesten sind seine illustren Köpfe der Rockgeschichte im Gerbergässlein.

«Das ist unsere Mauer»

Mit einem Auftrag an Art4000 für eine Wandmalerei an der Voltahalle erhofften sich die IWB, unerwünschten Nachtbuben zuvorzukommen. IWB-Sprecher Erik Rummer sagt dazu: «Erfahrungen mit anderen Projekten zeigen, dass die künstlerische Gestaltung von Flächen grossen Respekt geniesst und wildes Sprayen dadurch verhindert wird.»

In diesem Fall kam es anders: Im Mai machte sich Bellé an die Arbeit. Er wollte etwas malen, das zur Gegend passt – und begann mit dem Namensstifter, dem Physiker Alessandro Volta. Weiter kam er nicht: «Gleich am ersten Tag kamen zwei Linksautonome auf mich zu», erzählt Bellé. «Das ist unsere Mauer», sollen sie ihm gesagt haben. Es klang für ihn wie eine Drohung. «Sie sagten mir, ich solle sofort wieder zusammenpacken.»

Laut Bellé wurde sein Gemälde bereits am ersten Abend überschrieben. Als Reaktion wollte er eine Art Kompromiss anbieten und schrieb ein grosses «Peace» daneben an die Wand. Doch auch dieser Schriftzug wurde durchgestrichen.

Ärger über die Veredelung von Streetart

Zu einem ähnlichen Fassaden-Zank ist es in Basel schon mehrere Male gekommen. 2013 etwa, als ein Auftragsgraffiti bei der Dreirosenbrücke übermalt wurde – versehen mit der Nummer der staatlichen «Sauberkeitshotline gegen Schmierereien». Ins gleiche Kapitel gehören auch Malereien an IWB-Traffostationen, die ebenfalls von «wilden» Sprayern heimgesucht wurden.

Die Basler Malerin Ana Vujic kennt diese Auseinandersetzungen an den Wänden. Sie sagt, wenn Sprayer bei der Voltahalle über Streetart schimpfen, sei das nicht als Angriff auf diese Kunstform an sich zu verstehen. «Wahrscheinlich regen sich die Sprayer darüber auf, wenn Streetart als Mittel zum Zweck gebraucht wird.» Aus dem unkontrollierten, selbstautorisierten Sprayen werde so eine «nach den Regeln der Konformität finanzierte Wandmalerei».

Gerade die Voltahalle und das Schulhaus gleich daneben seien schon lange neuralgische Punkte, sagt Vujic. Die politischen Phrasen, die sich besonders gegen Novartis, gegen Quartieraufwertung und gegen die geplante Sanierung an der Mülhauserstrasse 26 richten, seien den Behörden vermutlich ein Dorn im Auge gewesen.

Graffiti als Graffitischutz

Den Hintergrund des Sprayer-Knatsch kennt auch Tommy Tombola, der mit seiner Seite «Wandschmuck» seit Jahren die Basler Graffiti dokumentiert – auch wenn er mit der Voltahalle nichts direkt zu tun hat. «Solche Aufträge stellen in erster Linie einen etwas kreativeren Schutz vor Graffiti dar», sagt er. Und kritisiert: «Wie wertvoll kann eine Kunst sein, wenn sie nur an Orten existieren darf, die ansonsten illegal bemalt werden?»

Graffiti als Graffitischutz – das komme in der Szene nicht gut an. Gleichzeitig bedauert Tombola, dass die Stadt nur selten Wände für unbezahlte Spraykunst freigibt. Eine Ausnahme sei die Schäfermatte in Kleinhüningen. Tombola findet auch die Unterteilung stossend, wonach es bloss verwertbare urbane Kunst gebe und störende «Schmierereien» gebe.

Autorisierte Auftragsarbeiten oder politisch motivierte Piratenaktionen – da prallen zwei verschiedene Verständnisse vom Sprayen aufeinander. Bei der Voltahalle hat die Auseinandersetzung ein vorläufiges Ende genommen: «Das Projekt ist gestrichen», sagt Marc Bellé.

Die IWB bedauern das abrupte Ende des Projekts. Was künftig an der Wand prangen wird, steht in den Sternen: «Derzeit ist noch offen, wie wir mit der Gestaltung dieser Wand fortfahren werden», sagt IWB-Sprecher Rummer.

Das Eigentum regiert!

via Tageswoche:

Wie eine Luzerner Immobilienfirma Basler Mieter «rausekelt»

An der Klybeckstrasse wurde ein Haus verkauft. Das Ziel der neuen Eigentümer scheint klar: Die Mieter sollen raus, die Wohnungen teuer verkauft werden.

Im Treppenhaus bleibt es dunkel. Die Glühbirnen im Erdgeschoss und ersten Stock sind seit Wochen kaputt. Der neue Hauseigentümer an der Klybeckstrasse 170 machte bisher keine Anstalten, die Glühbirnen auszuwechseln.

Für M.N.*, der im Haus wohnt, ist klar: Das ist Schikane der Immro AG, die das Haus im April kaufte. «Der neue Besitzer will uns loswerden.» Das Licht sei nur das i-Tüpfelchen, sagt M.N., der anonym bleiben will, um weiteren Ärger mit dem neuen Hausbesitzer zu vermeiden.

Die Immro AG informierte am 8. Mai alle Mietparteien, dass ein Gerüst aufgebaut werde. Bereits eine Woche später begannen die Handwerker, das Haus einzurüsten. M.N. meint: «Es wird alles dafür gemacht, um es uns ungemütlich zu machen.»

Ungewissheit und leise Botschaften

Erst im April hatte die Firma die Mieterschaft in einem Schreiben darüber informiert, dass umfassende Renovationsarbeiten durchgeführt werden. Deshalb müssten alle Mieter während der Renovation aus ihren Wohnungen.

Weiter heisst es im Schreiben, man würde aufgrund der gegebenen Umstände «selbstverständlich jede, auch ausserterminliche Kündigung, ohne Weiteres akzeptieren».

M.N. versteht das als klare Aufforderung: Ihr könnt gehen. Eine Mieterin, die wir im Treppenhaus treffen, sagt: «Das Schlimmste ist die Ungewissheit, die darüber herrscht, was mit unseren Wohnungen passiert.»

Gerüst ohne Bewilligung

Das Vorgehen der Immro AG vergrault nicht nur die Mieter – es ist auch rechtswidrig. Denn das Mietrecht schreibt vor, dass grössere Umbauarbeiten vier Monate im Voraus angekündigt werden müssen. So haben die Mieter zum Beispiel Zeit, eine neue Wohnung zu suchen, falls sie die Umstände nicht mittragen wollen.

Weil sich die Firma mit Sitz im luzernischen Schötz nicht ans Gesetz hält, haben die Mieter den Basler Mieterverband eingeschaltet. Dieser schrieb sogleich eine Eingabe an die Mietschlichtungsstelle.

Eine Baubewilligung liegt für den Umbau der Liegenschaft bisher noch nicht vor. Dass das Gerüst, das M.N. jetzt die Sicht versperrt, trotzdem schon in dieser Phase aufgestellt wurde, sei ebenfalls Teil der Taktik der Immro AG, findet M.N.

«Man will, dass wir unter diesen Umständen selbst kündigen.» Denn so könne der Eigentümer vermeiden, dass die Bewohner gegen seine Kündigung Einsprache erheben und vor der Schlichtungsstelle eine Fristerstreckung zugesprochen bekämen, mutmasst M.N.

Vorgehen hat System

Auch die Allmendverwaltung wurde vom Gerüstbau überrascht. Man habe erst im Nachhinein davon erfahren, dass ein Gerüst aufgebaut wurde, lässt das Bau- und Verkehrsdepartement verlauten. Dabei ist es auch dort Pflicht, dass das Vorhaben im Vornherein angemeldet werden muss.

Beat Leuthardt vom Basler Mieterverband ist sicher: «Die Immro AG will die dortigen Mieter rausekeln – so funktioniert das Geschäftsmodell dieser Immobilienfirma seit 30 Jahren.»

Die Firma kaufe Häuser, die neu auf den Markt kommen, jage die Mieter regelrecht aus ihren Wohnungen und verkaufe diese dann als Stockwerkeigentum.

Kritik vom Hauseigentümerverband

An der Blauensteinerstrasse im Gundeli war die Firma zuletzt aktiv. Dort begann es wie an der Klybeckstrasse mit der kurzfristigen Ankündigung von Renovationsarbeiten – und endete im Verkauf von Stockwerkeigentum (die TagesWoche berichtete).

Leuthardt sieht wenig Hoffnung, dass die Mieter an der Klybeckstrasse in ihren Wohnungen bleiben dürfen. «Es wäre das erste Mal innerhalb von 30 Jahren, dass die Immro AG ihre Mieterschaft freiwillig behalten würde.»

Auch der Hauseigentümerverband (HEV) hat wenig Freude am Vorgehen der Immro AG. Der HEV-Geschäftsführer und FDP-Grossrat Andreas Zappalà äussert sich dezidiert kritisch zu den kurzfristig angekündigten Bauarbeiten an der Klybeckstrasse: «Wir würden sicherlich nicht zu einem solchen Vorgehen raten.»

Kleiner Trost

Die Unsicherheit und der leichte Druck, der damit auf die Mieterschaft ausgeübt werde, sei «schon fraglich».

Wie die Immro AG ihr Vorgehen erklärt, bleibt offen. Die Firma war für eine Stellungnahme am Freitag nicht erreichbar.

Ein Zeichen kommt doch noch von der Immro AG. Denn als wir das Haus verlassen, ist der neue Hauswart gerade dabei, neue Glühbirnen im Treppenhaus zu installieren. M.N. nimmts als kleinen Trost: «Immerhin etwas.»

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* Name der Redaktion bekannt.

„Kaufen, in Scheiben schneiden und weiterverkaufen.“

via Tageswoche:

Der Häuserkampf im Gundeli

Ein Fall aus dem Gundeli zeigt, wie Investoren auf dem Wohnungsmarkt vorgehen und Mieterinnen und Mieter verdrängen.

Wie verrückt der Immobilienmarkt in Basel spielt, lässt sich derzeit im Gundeldinger Quartier beobachten. An Blauensteinerstrasse, Delsbergerallee und Hochstrasse kämpfen Mieterinnen und Mieter für den Verbleib in ihren Wohnungen.

Die Blauensteinerstrasse ist verkehrsberuhigt und liegt am westlichen Zipfel des Gundeldinger Quartiers. In diesem beschaulichen Stück Basel haben die Mieterinnen und Mieter den Kampf gegen zahlungskräftige Investoren bereits verloren.

Ihre Geschichte ist exemplarisch und beginnt im Sommer 2014, als die Hausbesitzerin der Nummer 11 verstirbt. Es gibt keine direkten Nachfahren, also muss das Erbschaftsamt herausfinden, wer das Haus erbt. Erst nach langer Suche findet man eine entfernte Verwandte in Argentinien.

Verkauf an den Höchstbietenden

Die Mieterinnen und Mieter schliessen sich zusammen, als sie hören, dass das Haus verkauft wird. Schnell wird klar: Sie sollen beim Verkauf nicht bevorzugt werden. Das Erbschaftsamt will an den Höchstbietenden verkaufen – im Interesse der Erbin.

Die Mieterinnen und Mieter klauben ihre Ersparnisse zusammen und machen einen Plan, wie sie beim Hausverkauf mitbieten können. Das Haus soll in eine Genossenschaft integriert werden. So könnten sie ihre Wohnungen behalten, wenn sie einen Anteil Eigenkapital in den Kauf einschliessen.

Die Basler Genossenschaft Mietshäuser Syndikat bietet Hand, ein offizielles Kaufangebot zu machen. Mit ihr erstellen die Mieterinnen und Mieter als Erstes einen Finanzplan. Mit der Einlage einer Bank können sie so beim Hausverkauf bis 1,5 Millionen Franken mitbieten.

Eigentlich sollte dies auch reichen: Es ist der Wert, den Mietshäuser Syndikat aufgrund der künftigen Mietzinse und der notwendigen Investitionen berechnet. «Die Banken, die ich kontaktierte», erklärt Ivo Balmer vom Mietshäuser Syndikat, «schätzten den Wert der Immobilie aufgrund des baulichen Zustands und der Lagekriterien auf etwa 1,3 Millionen Franken.» Der Versicherungswert liegt noch etwas höher.

Doch die 1,5 Millionen Franken der Mieterinnen und Mieter reichen nicht, um das Haus zu kaufen. Den Zuschlag erhält Immro AG mit Sitz im Kanton Luzern. Die Immobilienfirma zahlt etwas mehr, Balmer schätzt den Kaufpreis auf mindestens 1,68 Millionen Franken, was dem höchsten Gebot in der ersten Verkaufsrunde entsprach.

Inserate für Eigentumswohnungen

Mitte November – noch bevor die Handänderung im Kantonsblatt publiziert wird – stellt die Immro AG bereits ein Inserat online, in dem sie Eigentumswohnungen an der Blauensteinerstrasse ausschreibt. Die Immobilienfirma wirbt mit dem «Bijou» an «einer der schönsten Strassen in Basel» und verlangt für eine Wohnung 650’000 Franken.

Bis Mitte Februar sind bereits vier Wohnungen verkauft. Eine weitere grössere Wohnung bietet die Immro AG auf einem neuen Inserat zum Preis von 1’095’000 Franken an. Sofern die Firma auch für diese Wohnung einen Käufer findet, sackt sie rund 3,7 Millionen Franken für das ganze Haus ein – mehr als doppelt so viel, wie sie für das Haus bezahlte.

Wie viel Geld in Renovationen gesteckt wird, will die Immro AG «aus Datenschutzgründen» nicht sagen.

Jörg Vitelli von der Genossenschaft Gewona Nord-West geht davon aus, dass die Renovationsarbeiten der Immobilienfirma nicht nachhaltig sein werden: «Es sind häufig Pfuschrenovationen, die solche Investoren durchführen – weil sie nur am schnellen Geld interessiert sind und sich nicht um Folgeschäden kümmern.»

Das Vorgehen der Immro AG, aus dem Haus Stockwerkeigentum zu machen, habe System. Denn es laufe meist nach demselben Schema, sagt Vitelli: «Kaufen, in Scheiben schneiden und weiterverkaufen.»

Er betreut ein Projekt an der Delsbergerallee, wo Mieterinnen und Mieter ihre Wohnungen ebenfalls in eine Genossenschaft integrieren wollen, weil der Eigentümer das Haus verkauft. Vitelli meint, die Gefahr bestehe wie in der Blauensteinerstrasse, dass ein privater Investor zuschläge, die Mieterinnen und Mieter rausekle und teure Eigentumswohnungen daraus mache.

Das momentane Zinsumfeld fördere dieses Verhalten. Da Bankkonten kaum Zinsen abwerfen oder Sparguthaben gar mit Negativzinsen belastet würden, investierten viele Leute in Immobilien, sagt Vitelli. Das heize den Wohnungsmarkt zusätzlich an.

Aufwertung des Quartiers

Das derzeit grösste Umbauprojekt im Gundeli steht an der Hochstrasse an. Dort will die Zürcher Anlagestiftung Turidomus die bestehende Häuserzeile abreissen und einen Neubau mit Wohnungen hinstellen. Dass die Mietzinse deutlich höher werden, ist dabei eigentlich gar keine Frage. Die rund 100 Mieterinnen und Mieter haben bereits die Kündigung erhalten (die TagesWoche berichtete).

Auch dort habe man versucht, die Häuser in eine Genossenschaft zu integrieren, erklärt Balmer vom Mietshäuser Syndikat. Ohne Erfolg. Turidomus wollte an ihren Neubau-Plänen festhalten, die sie seit über sechs Jahren hegt.

Der Neubau, der ab 2018 gebaut werden soll, wird das Quartier weiter aufwerten – ehemalige Mieterinnen und Mieter machen Platz für neue, zahlungskräftige Kundschaft.

Stop the Buff!

via Tageswoche:

[…]

Die Regierung hat am Dienstag zudem beschlossen, dass der Kanton neu bis zu 80 Prozent der Kosten für das Entfernen von Sprayereien an privaten Liegenschaften übernimmt. Die Regierung hat die entsprechende Verordnung rückwirkend auf Anfang Jahr angepasst. Bezahlten Liegenschaftsbesitzer bislang generell einen Beitrag von 100 Franken an Reinigungen, gilt die Pauschale neu nur noch für Arbeiten von bis zu 500 Franken.

Bei einem grösseren Sprayschaden erstattet der Kanton 80 Prozent der Kosten. Maximal werden 4000 Franken ausgerichtet. Insgesamt stellt die Regierung weiterhin 250’000 Franken pro Jahr für das Entfernen von Sprayereien an privaten Liegenschaften zur Verfügung. Bisher sah die Verordnung in der Regel eine Beteiligung des Kantons von 20 Prozent der Beseitigungskosten vor.

Verändert hat die Regierung im Weiteren den Ablauf für Entfernungen. Geschädigte beauftragen künftig selber einen Malerbetrieb oder einen Steinbearbeiter und reichen in der Folge die Abrechnung beim Tiefbauamt ein. Dieses behalte sich eine Ablehnung von Gesuchen vor.

Nicht weitergeführt wird eine Zusammenarbeit mit dem Basler Malermeisterverband. Im Rahmen der Aktion «Spray-out» nahm dieser bislang Meldungen entgegen und koordinierte die Arbeiten. Die Sprayerei-Verordnung war 1994 von der Regierung erlassen worden. Sie soll Hausbesitzer motivieren, ihre Liegenschaften möglichst rasch zu reinigen. Pro Jahr werden zwischen 400 und 500 Sprayereien an privaten Liegenschaften entfernt, wie bei der Stadtreinigung zu erfahren war. Die durchschnittlichen Kosten betragen zwischen 400 und 500 Franken.

[…]

Webseite der Müli 26

Unter www.mülhauserstrasse26.ch gibt es seit längerem News. einer Timeline und weiteren nützlichen Informationen zum Kampf gegen die Totalsanierung des Blocks im St. Johann – stay tuned!

Und zur Erinnerung, hier die Zusammenfassung der Geschichte:

Die BewohnerInnen der Mülhauserstrasse 26 im St. Johann wohnen zum Teil seit fast 50 Jahren in ausgezeichnetem Verhältnis miteinander. Sie durften zusammen alt werden – bis jetzt. Manche von ihnen sind über 70 Jahre alt und zwei sogar schon über 90. Gerade im hohen Alter und im Falle von Krankheit profitieren sie von der Zuwendung unter Nachbarn und Nachbarinnen. Auch neuere Mieter und Mieterinnen haben sich dort gut eingerichtet und eingelebt. Die Kinder gehen in die Schule und schätzen das Leben im Quatier. Mit der Kündigung und den damit verbundenen Ängsten werden sie auseinandergerissen und drohen zu vereinsamen. Die Pensionskasse hat jahrzehntelang das Geld ihrer Altersvorsorge eingenommen und zahlt ihnen nun monatlich eine kleine Pension aus. Es ist ein Hohn, dass sie genau von dieser Pensionskasse als Eigentümerin der Liegenschaft aus den Wohnungen geworfen werden.

Demo für die Müli 26

via 20min:

Rund 500 Menschen haben gemäss den Organisatoren am Samstagnachmittag in Basel gegen die Verdrängung von Mietern demonstriert.

Anlass für die Demonstration war eine im Herbst ausgesprochene Massenkündigung an der Mülhauserstrasse 26 durch die Pensionskasse Basel-Stadt, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. Die Teilnehmenden der Kundgebung forderten von der Stadt, die Kündigung in der hauseigenen Immobilie zurückzuziehen und sämtlichen Bewohnern einen Verbleib im Haus zuzusichern. Statt einer Totalsanierung solle nur eine sanfte Sanierung am Haus vorgenommen werden, hiess es.

Darüber hinaus wurde an der Kundgebung auf die generell angespannte Situation auf dem Basler Wohnungsmarkt aufmerksam gemacht. Insbesondere fehle es an günstigen Wohnungen. Der Demonstrationszug war auf dem Claraplatz gestartet. Am Ziel Mülhauserstrasse 26 angekommen bildete eine Menschenkette um das Gebäude den Abschluss der Kundgebung.

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Neue Massenkündigungen im Gundeli

via Tageswoche:

Der Kanton, die SBB und eine Zürcher Anlagestiftung stritten jahrelang um ein Neubau-Projekt an der Hochstrasse. Nun gibt das Baudepartement grünes Licht. Aber dieser Entscheid birgt in mehrfacher Hinsicht Konfliktpotenzial.

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Jetzt

Vor wenigen Tagen erhielten die Mieterinnen und Mieter an der Hochstrasse 4 bis 10 die Kündigung ihrer Wohnungen. Sie waren als Zwischennutzer eingezogen. Bis September 2017 müssen sie nun wieder ausziehen.

Die Zürcher Anlagestiftung Turidomus hatte als Besitzerin ein Baugesuch für einen Neubau eingereicht. Das war 2009. Sieben Jahre später hat der Kanton das Gesuch bewilligt.

Was war passiert? Das Projekt von Turidomus konnte nicht bewilligt werden, weil die SBB Einsprache einreichten. Dies, weil der geplante Neubau auf einer sogenannten Interessenlinie der SBB liegen wird. Das heisst: Die SBB könnten Interesse an jenem Areal anmelden, wenn sie ihre Umbaupläne des Bahnhofs verwirklichen.

Hochstrasse müsste höher liegen

Denn die SBB wollen auf der Gundeldinger Seite des Bahnhofs zwei neue Gleise bauen. Bis vor Kurzem gingen die SBB und der Kanton davon aus, dass dafür die dortige Peter-Merian-Brücke neu gebaut werden müsste. Das hätte zur Folge gehabt, dass die Hochstrasse an dieser Stelle hätte erhöht werden müssen.

Jetzt gehen die SBB und der Kanton offenbar davon aus, dass die Brücke so bleiben kann. Klar ist: Wenn der Neubau 2019 steht, kann die Strasse schlecht erhöht werden.

Damit schaffe der Kanton ein «fait accompli», sagt der CVP-Grossrat Oswald Inglin, der sich seit Jahren mit dem Bahnhofsumbau beschäftigt. Der Handlungsspielraum sei für andere Projekte am Bahnhof eingeschränkt. Zum Beispiel für eine Fussgänger-Unterführung, die von der Hochstrasse in Richtung Innenstadt führen könnte.

Kanton schaut nicht voraus

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KABOOM!

Marc Keller, Mediensprecher des Bau- und Verkehrsdepartements (BVD), sagt, es sei noch unklar, wie und wann die SBB auf dieser Seite die Gleise ausbauen wollten. «Unsere Planung stellt sicher, dass am Ende alle beteiligten Parteien aneinander vorbeikommen.»

Die Frage nach einer Fussgänger-Unterführung in diesem Bereich stelle sich noch nicht, so Keller, «weil noch kein Projekt zur Gleiserweiterung vorliegt».

Inglin sieht darin eines der Probleme: Der Kanton denke städtebaulich nicht vorausschauend, sondern segne fortschreitend einzelne Projekte ab, die die Quartierbevölkerung vor vollendete Tatsachen stellen.

Günstiger Wohnraum verschwindet

Gerade diskutiert Inglin in einem Beirat des BVD mit Experten, was im Gundeldingerquartier in Zukunft wichtig ist. «Alle Experten weisen darauf hin, dass eine Fussgänger-Querung im Bereich Peter-Merian-Brücke wichtig sei», sagt Inglin. Doch mit dem Neubau von Turidomus seien bestimmte Pläne für die Unterführung gar nicht mehr möglich.

Neben dem Interessenkonflikt mit den SBB stellt der Entscheid auch die Mieterinnen und Mieter vor ein konkretes Problem: Sie werden im Quartier kaum mehr eine so günstige Wohnung finden, wie sie bislang hatten.

Studentin Anna Oechslin, die in einer solchen Wohnung wohnt, hofft auf eine Verlängerung der Zwischennutzung. Mit ihren Mitbewohnern prüft sie, wie man gegen die Kündigungen vorgehen kann.

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Die SBB konnten innerhalb von 24 Stunden zur Anfrage der TagesWoche keine Stellung nehmen.

Teilerfolg für Häuser am Steinengraben

via Tageswoche:

Wie es mit der Häuserzeile weitergeht, ist noch offen: Sowohl die Eigentümerin Helvetia wie auch der Mieterverband verbuchen einen Teilerfolg und wollen den jüngsten Entscheid der Baurekurskommission anfechten. Zudem erheben die Nachbarn aus Haus Nummer 36 Vorwürfe an den Versicherungskonzern: Dieser lasse wertvollen Wohnraum ungenutzt und setze die Mieter unter Druck.

Es waren Welten, die im Hinterhof der alten Liegenschaft aufeinanderprallten: Der Anwalt der Eigentümerin höhnte über den aus seiner Sicht «ungepflegten Zustand» des Gartens und des Kellers. «Das ist ein privater Raum und kein Ikea-Geschäft», entgegnete ihm darauf eine Bewohnerin. Zu solchen Szenen kam es am 31. August bei der Augenscheinverhandlung der Baurekurskommission (BRK) am Steinengraben 30 bis 36. An der Leonhardsstrasse 27 steht ein weiteres Haus, das zur Parzelle gehört, derzeit aber nicht genutzt wird.

Geht es nach dem Willen der Eigentümerin, dem Versicherungskonzern Helvetia, soll die Häuserzeile einem Neubau mit Büros und Wohnungen weichen. Die Bewohner, die einem Zwischennutzungsvertrag unterstehen, haben das zusammen mit dem Mieterverband angefochten.

Jetzt liegt der Entscheid der BRK auf dem Tisch.

Dabei beanspruchen beide Parteien einen Teilsieg für sich: So halten etwa die rekurrierenden Bewohner in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass ihnen teilweise recht gegeben worden sei. Damit sehen sie sich bestätigt, dass ihr «Widerstand gegen das Bauprojekt» nötig war. Helvetia-Sprecher Hansjörg Ryser sieht das anders: «Mit grosser Genugtuung nehmen wir zur Kenntnis, dass die BRK den Entscheid der Vorinstanz in allen wesentlichen Punkten gestützt hat.»

Die Sache mit der Wohnfläche: Helvetia bekommt recht

Dabei sind beide Versionen richtig: In drei Punkten entschied die Kommission nämlich zugunsten von Helvetia. In Sachen Wohnfläche, Denkmalschutz und Naturschutz wurden die Einwände der Rekurrenten somit abgewiesen. Bei einem vierten Punkt, der aber noch folgenreich sein könnte, bekamen jedoch die Rekurrenten recht.

Aber der Reihe nach.

Laut Wohnraumfördergesetz (WRFG) muss bei Neubauten die verlorene Wohnfläche kompensiert werden. Was deren Berechnung anbelangt, hat der Mieterverband Kritik geäussert: Maschinenräume, Parkhaus- und Liftfläche sowie der Bestandesbau würden ebenfalls dazugezählt, was die Angaben über den tatsächliche neu geschaffenen Wohnraum verzerre.

Die BRK lässt diesen Einwand nicht gelten und hält fest, dass die Berechnung auf die gesamte Parzelle und das Projekt bezogen werden müsse. Nebennutzungsflächen zur Erschliessung der Wohnungen müssten auch miteinbezogen werden. Somit kommt die Kommission zum Schluss, dass der Neubau mehr Wohnraum schafft.

Häuser werden nicht als schutzwürdig betrachtet

Auch beim Denkmal- und Stadtbildschutz beissen die Mieter auf Granit: Die BRK spricht der Häuserzeile aus dem 19. Jahrhundert die «grundsätzliche Qualität» nicht ab. Aufgrund der Güterabwägung gelangt sie aber mit der Denkmalpflege zum Schluss, dass sie nicht schutzwürdig sei. Ohnehin hätten die Gebäude an der Verkehrsachse mit Grossbauten ihren Stellenwert verloren.

Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverband (MV Basel) sieht es genau umgekehrt: «Gerade deswegen sollte man doch retten, was man noch hat.» Er vergleicht die Häuser mit den historischen Dampfschiffen auf Schweizer Seen: «Gerade weil sie einen Seltenheitswert haben, besteht ein grosses Interesse an jedem noch erhaltenen Exemplar», kommentiert er den Entscheid.

Beim Argument Naturschutz konnten sich die Rekurrenten auch nicht durchsetzen: Die Stadtgärtnerei betrachtet den Garten zwar als schützenswertes Naturobjekt. Gleichzeitig bemerkt sie aber, dass sich ein Schutz der bestehenden Grünfläche als unverhältnismässig erweisen würde und beim Neubau wiederhergestellt werden könne.

Bäume könnten die Pläne von Helvetia gefährden

In einem Punkt können die Mieter aber einen Erfolg verbuchen: Eventuell werden die Bäume im Garten der Bauherrschaft der Helvetia einen Strich durch die Rechnung machen. Während die Stadtgärtnerei zum Schluss kommt, dass Ersatzpflanzungen möglich seien, vertritt der Sachverständige für Baumschutz einen anderen Standpunkt.

Die Fläche, die nicht für die Tiefgarage unterkellert wird, biete zu wenig Platz für den Wurzelschlag. Daher meint die BRK, dass der Neubau von Helvetia sich «in dieser Hinsicht als nicht bewilligungspflichtig» erweise. Wolle der Bauherrr das Vorhaben weiterführen, so müsse er das Projekt entsprechend anpassen.

Genau in diesem Punkt sieht Beat Leuthardt eine Chance für die jetzigen Bewohner: «Das könnte die Pläne der Gegenseite gefährden.» Um die Ersatzpflanzungen zu garantieren, könne nämlich die Tiefgarage nicht so gross wie geplant gebaut werden. Dies hätte wiederum Folgen für den gesamten Neubau, der somit an Wohnfläche verlieren würde.

Beide Parteien wollen weiterkämpfen

Den Entscheid zu den Bäumen möchte Helvetia so nicht stehen lassen: Wie Hansjörg Ryser festhält, sei die Beanstandung der Ersatzbepflanzung nicht nachvollziehbar. Das Unternehmen werde deshalb den Entscheid der BRK in diesem Punkt anfechten.

Auch die Gegenseite will sich nicht geschlagen geben: Wie Beat Leuthardt sagt, hat der Basler Mieterverband beim Verwaltungsgericht bereits Rekurs gegen den Entscheid der BRK angemeldet. Er sieht dabei die eigentliche Idee hinter dem Wohnraumfördergesetz verletzt: «Helvetia missbraucht am Steinengraben die gesetzliche Möglichkeit, höher zu bauen für noch mehr Büroraum», sagt Leuthardt. Davon stehe aber in Basel eh schon zu viel leer. «Dass eine gerichtliche Instanz ernsthaft behauptet, Parkplätze oder ein Liftmaschinenraum seien Wohnfläche, ist schon fast surreal.»

Belässt Helvetia renovierte Altbau-Wohnungen in Brache?

Kritik am Versicherungskonzern ist auch aus dem Haus Nummer 36 zu hören. Dessen einzige Mietpartei ist einem anderen Vertrag unterstellt und hat daher nichts mit dem Baurekurs der Nachbarn zu tun. Wer das Gebäude betritt, trifft auf ein ansehnliches Innenleben: Heimelige und geräumige Altbauwohnungen, ausgestattet mit neuen Badezimmern, Küchen und Fenstern.

All dies wurde zusammen mit den Leitungen innerhalb der letzten 15 Jahre renoviert. Trotzdem herrscht im Haus weitgehend gähnende Leere. Die einzigen beiden verbliebenen Mieter in den oberen Stockwerken, Aline Burckhardt und Alexander Lexow, werden Ende November ausziehen.

Aline Burckhardt kennt das Haus von Kindesbeinen an: Sie ist hier aufgewachsen und ihr Urgrossvater lebte schon in der Liegenschaft. Ihr Vater verkaufte das Haus vor vier Jahren an das Versicherungsunternehmen Nationale Suisse, welches dann von Helvetia übernommen wurde. Die Tochter war mit diesem Entscheid nicht einverstanden, konnte aber als Mieterin bleiben.

«Wir sind keine Hausbesetzer»

Damit ist bald Schluss: Eigentlich hätten Burckhardt und Lexow schon früher die Zügelkisten packen müssen. Die beiden haben Einsprache erhoben, und als diese dann nach der Übernahme von Nationale Suisse als nichtig erklärt wurde, nahmen sie einen zweiten Anlauf. «Die Einsprache mussten wir dann zurückziehen», sagt Burckhardt. «Bei der Schlichtungsstelle wie vor dem Zivilgericht konnten wir leider nicht erreichen, dass wir bleiben können, bis eine Baubewilligung ausgesprochen wird.»

Ob das Haus nach ihrem Auszug zugemauert wird oder doch noch Nachmieter kommen – dazu möchte sich die Helvetia nicht äussern. Für die beiden Bewohner ist es jedoch unverständlich, weshalb die Eigentümerin das Haus partout leer haben möchte, wenn doch noch gar keine Baubewilligung steht.

«Wir sind keine Hausbesetzer – wir wollen einfach so lange wie möglich hier bleiben und uns um das Haus kümmern», sagt Aline Burckhardt. Eine neue Wohnung hat sie bereits, zudem möchte sie die Sache nicht mehr weiterziehen – zu nervenzerreibend sei das ganze Hin und Her gewesen.

Helvetia-Anwalt massregelt Nachbarn als «Trittbrettfahrer»

Zudem kritisiert sie, dass Helvetia versucht habe, jegliche Kritik zum Verstummen zu bringen. Der Advokat, der die Firma vertritt, ermahnte etwa Burckhardt und Lexow mit harschen Worten. Im Mai dieses Jahres warf er ihnen in einem der TagesWoche vorliegenden Brief vor, sich in «unsachgemässer Weise» gegenüber seiner Mandantin verhalten zu haben.

Der Anwalt sah es als inakzeptabel an, dass die Mieter vom Haus 36 als «Trittbrettfahrer» von Personen, die das Helvetia-Bauvorhaben «verzögern und diese damit schädigen», profitieren zu wollen.

Offensichtlich war es der Eigentümerin ein Dorn im Auge, dass sich die Mieter mit den Rekurrenten von nebenan austauschten. Aline Burckhardt sieht diese Vorwürfe als unberechtigt: «Unsere Interpretation ist eher, dass wir uns immer wieder getraut haben nachzufragen, ob wir länger bleiben dürfen.»

Sie sieht darin und in weiteren Briefen zwar keinen direkten Maulkorb, aber «dass wir mit unseren Nachbarn zusammengespannt haben, war immer inoffiziell und ist somit eine Unterstellung».

Auf diese Kritik der beiden Bewohner möchte Helvetia nicht eingehen. Wie Hansjörg Ryser festhält, wolle man die Korrespondenz mit den Mietern nicht in der Öffentlichkeit führen. «Wir betonen jedoch, dass wir zu keiner Zeit und in keiner Weise Druck auf die Mieter ausgeübt haben, weder direkt noch indirekt», sagt Ryser.

Zudem werde man die vom Neubauprojekt betroffenen Liegenschaften bis zum Baubeginn «in geeigneter Form» weiter nutzen. In welcher Art das geschehen soll, wurde jedoch nicht kommuniziert. Während die Verhandlungen von den Bewohnern der Häuser 30 bis 34 weitergezogen werden, bleibt also vorerst unklar, was mit den Wohnflächen in Nummer 36 geschehen wird.