Schema F: Billig Kaufen – Renovieren – Teuer Verkaufen

via Tageswoche:

So arbeitet die aggressivste Immobilien-Firma in Basel

Die Immro AG wirtschaftet abseits der Öffentlichkeit und ohne Skrupel. Einblicke in das Geschäftsmodell der aktivsten Immobilienfirma in der Region.Die Immro AG hat keine Website. Wer die Immobilienfirma googelt, stösst auf – fast nichts. Auch über die Inhaber der Firma sind keine Informationen auffindbar. Kaum zu glauben, dass diese Firma einer der grössten Immobilien-Player in Basel ist.

Doch genau das ergab eine umfassende Auswertung der Grundbuchdaten durch die TagesWoche: Keine andere Firma ist so aktiv auf dem Basler Immobilienmarkt wie die Immro AG. In den vergangenen neun Jahren hat die Firma in Basel-Stadt 40 Wohnhäuser gekauft und 212 Wohnungen als Stockwerkeigentum weiterverkauft. Das sind im Durchschnitt etwa vier Häuser pro Jahr, die die Firma kauft, und 25 Wohnungen, die sie pro Jahr weiterverkauft.

Das Geschäftsmodell der Firma geht so: Die Immro AG kauft kleinere Wohnhäuser, die Schwesterfirma Stadthaus AG renoviert diese und verkauft die darin befindlichen Wohnungen als Stockwerkeigentum weiter – im Schnitt fünf Parzellen pro Wohnhaus.

«Stehen nicht zur Verfügung»

Immro AG und Stadthaus AG haben ihr Geschäftsmodell in über 20 Jahren perfektioniert. Die Firmen sind nicht nur geschäftlich, sondern auch familiär verbandelt: Die beiden Köpfe der Firmen, Reto Rölli und Jürg Buser, sind mit zwei mexikanischen Schwestern verheiratet. Die Schwesterfirmen haben auch dieselbe Domiziladresse im luzernischen Schötz.

Weitere Informationen über die Firmen sind rar. Die Inhaber blocken jede Stellungnahme ab. Am Telefon sagt Buser: «Wir stehen Ihnen nicht zur Verfügung.» Und droht mit rechtlichen Konsequenzen, falls die TagesWoche doch über ihre Firmen berichtet.

Busers und Röllis Geschäftsgebaren hinterlassen jedoch Spuren. Sowohl ehemalige Mieter wie auch Käufer finden kaum gute Worte über die Bau- und Immobilienfirmen.

An der Blauensteinerstrasse hat die Immro AG im vergangenen November ein Wohnhaus gekauft. Die Mieter wurden höflich aufgefordert zu gehen. Bis Februar waren bereits vier Wohnungen verkauft, der letzte Mieter verliess das Haus im April.

Das Credo der Immro AG: keine Kündigungen, die Mieter sollen von sich aus gehen. So geschieht es auch gerade in einem Haus an der Klybeckstrasse, wo die Mieter das eindeutige Gefühl kriegen, dass man sie loswerden will (die TagesWoche berichtete).

Herausgeekelte Mieter

Beat Leuthardt vom Basler Mieterverband kennt Fälle, in denen Mietern «teils sehr viel Geld» angeboten wurde, wenn sie freiwillig gehen. «Die Immro AG versucht zu verhindern, dass Mieter lange Beschwerdeverfahren anzetteln. Für sie ist es viel angenehmer, wenn die Mieter von sich aus gehen.»

Die Immro AG sei der «aggressivste Player» auf dem Basler Immobilienmarkt, sagt Leuthardt. Er beobachte die Firma seit Jahren. Fälle, in denen die Immro AG ihre Mieter «rausekelt», kämen sehr häufig vor.

Aber nicht nur Mieter sind über die Immro AG verärgert, weil sie aus ihren Wohnungen raus müssen. Auch die Käufer der Wohnungen machen negative Erfahrungen mit der Firma.

Andreas Zappalà vom Hauseigentümerverband sagt, es würden sich immer wieder Stockwerkeigentümer bei ihm melden, die über Mängel oder Probleme an ihrer neu erworbenen Immobilie klagten – «darunter sind auch viele Personen, die bei der Immro, respektive Stadthaus AG kauften».

Vier Kunden, die in den letzten Jahren bei der Immro AG kauften, äussern gegenüber der TagesWoche Probleme, die nach dem Kauf auftraten. Alle wollen anonym bleiben, weil sie teilweise noch in laufenden Verfahren stecken.

Was sie verbindet: Die Renovation wurde nicht zureichend ausgeführt, sodass die Käufer nachträglich Arbeiten einfordern mussten.

Auch die «Schweiz am Sonntag» berichtete 2015 über Handwerkspfusch der Immro und Stadthaus AG. Ein Baugutachten beanstandete für ein Haus in Binningen, die Renovierungsarbeiten seien «unprofessionell und sehr fragwürdig» ausgeführt worden.

Vier Jahre Streit

Ähnliches berichten Marlène Soder und ihr Mann Hanspeter Gysin, die vor 20 Jahren bei der Firma eine Wohnung im Gundeli kauften. Sie haben kein Problem damit, mit Namen erwähnt zu werden, weil der Fall bereits Jahre zurückliegt.

Vier Jahre zankten sie mit der Immro AG. «Irgendwann gibst du auf, weil du nicht die ganze Freizeit damit verbringen willst», sagen die beiden rückblickend. Sie zeigen die Mängelliste, die nach dem Einzug erstellt wurde. Eineinhalb Jahre später waren nur 15 von 49 Punkten erledigt. Der Rest war «mangelhaft» oder gar nicht erledigt.
Da die Balkone einzustürzen drohten, musste mit anwaltschaftlichem Druck ein Gutachten eingeholt werden, um die Renovation durchzusetzen.
«Die meisten kaufen in ihrem Leben nur einmal eine Wohnung oder ein Haus», erklärt Soder. «Da hat man als Käufer einfach keine Erfahrung und ist nicht gewieft genug, auf alle Details zu achten.»

Wie viel die Immro und Stadthaus AG mit ihrem Geschäftsmodell verdienen, bleibt unklar. Die Grundstückgewinnsteuer ist hoch, wenn eine Liegenschaft innerhalb kurzer Zeit gekauft und weiterverkauft wird. Wenn der Weiterverkauf innerhalb von drei Jahren erfolgt, muss die Firma 60 Prozent ihres Gewinns abliefern.

So hält sich der Reingewinn der Immro AG in Grenzen – auch wenn sie eine Immobilie wie diejenige an der Blauensteinerstrasse für mehr als das Doppelte weiterverkaufen kann. Der Kaufpreis betrug dort rund 1,7 Millionen Franken. Die fünf Wohnungen waren für insgesamt 3,7 Millionen Franken ausgeschrieben.

Angenommen, die Wohnungen wurden zu diesem Preis verkauft, so machte die Firma rund zwei Millionen Gewinn und müsste darauf in Basel-Stadt 800’000 Franken Grundstückgewinnsteuer zahlen.

Müsste – weil sich die Steuer drastisch senken lässt. Die Immro AG kann nämlich die Kosten für Renovationen vom steuerbaren Grundstückgewinn abziehen. Das heisst: Je nachdem, wie hoch die Rechnungen für Renovationsarbeiten bei der Stadthaus AG ausfallen, zahlt die Immro AG relativ wenig oder fast keine Grundstückgewinnsteuer.

Teuer verkauft, billig renoviert

SP-Grossrat René Brigger kritisiert genau diesen Punkt. Die Grundstückgewinnsteuer sei eingeführt worden, um spekulative Kaskadenkäufe zu verhindern, wie sie die Immro AG tätigt. «Die Firma umgeht dieses Gesetz aber mit einem Trick. Denn sie erzielt jeweils sehr hohe Gewinnmargen und bezahlt sehr wenig für ihre Pseudosanierungen.»

Brigger sagt, dass die Immro respektive Stadthaus AG ihren Hauptgewinn möglicherweise damit erziele, dass sie hohe Rechnungen für Sanierungen schreibe, aber nur «Pinselsanierungen» durchführe. Darauf würde hindeuten, dass einige der Firmen,  die die Renovationsarbeiten durchführen, in Verbindung mit der Stadthaus AG stehen und manche auch in Schötz und Umgebung angesiedelt sind.

Auch Zappalà erachtet das Vorgehen der Schwesterfirmen als «problematisch». Für die Käufer sei es wünschenswert, wenn sie eine fertig renovierte Wohnung kaufen können und nicht an zwei Geschäftspartner gebunden seien. Diese Art des Immobilienhandels kenne er eigentlich nur von der Immro und Stadthaus AG.

Mit Vorwürfen zum Geschäftsmodell konfrontiert, kommt dann noch eine Stellungnahme der Immro und Stadthaus AG – per Einschreiben und vom Anwalt der Firmen. Der Anwalt bestreitet jegliche Vorwürfe.

Die Mieterschaft werde sehr gut behandelt. Mietern werde zum Beispiel «Hilfeleistungen bei der Wohnungssuche, Organisation, Umzug etc. gewährt».

Ausserdem würden die Sanierungen «auf einem hohen Standard» ausgeführt. Ein Grossteil der Renovationsfirmen sei entgegen den Informationen der TagesWoche in Basel und Agglomeration domiziliert.

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